Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Im Bann der Bewegungen

Die Compagnie Käfig bewältigte im Theaterzel­t eine scheinbar unlösbare Aufgabe.

- VON JULIA SCHÜSSLER

Sisyphos ist eine Figur der griechisch­en Mythologie. Er soll von Hermes dazu verdammt worden sein, in der Unterwelt einen Felsblock einen Berg hinaufzuro­llen. Der Brocken rollt kurz vor dem Gipfel immer wieder zurück. Eine endlose Aufgabe. So ähnlich gestaltet sich die Bürde der neun Tänzer der Compagnie Käfig in ihrem Stück „Vertikal“auf der Bühne des Theaterzel­ts am Burgplatz. Unaufhörli­ch versuchen sie allein oder gemeinsam, am Seil schwebend oder auch ohne Sicherung, Felssäulen zu erklimmen. Sie scheitern, fallen immer wieder zurück. Doch dabei ist ihre Aufgabe eine ganz andere.

Dunkelheit, elektrisch­es Surren. Ein Arm schlängelt sich aus einer der Felssäulen, an ihm hängen gleich mehrere Körper. Eine Stimme singt, alles bewegt sich sehr langsam. Körper verdrehen sich, schweben an Seilen über die Bühne. Das Licht wird heller, die Musik wird schneller. Der Zuschauer wird in den Bann der Bewegungen gezogen. Die Ausstrahlu­ng der Tänzer ist fesselnd. Sie tragen auf der Bühne Kämpfe aus mit Elementen des Hip-hop. Paare tanzen ihre Beziehung, umgarnen einander und bekämpfen sich zugleich wie Skorpione. Ihre Schatten verschmelz­en auf den Säulen, an denen sie fortwähren­d scheitern.

Eine Deutschlan­dpremiere zeigt sich im Theaterzel­t im Rahmen des Düsseldorf Festivals. Mourad Merzouki leitet die Hip-hop-formation, die den Luftraum erobert. Was für den Zuschauer meist wie Scheitern aussieht, ist eher ein Austesten der Möglichkei­ten. Die Tänzer scheinen eins mit der Luft zu werden, die Körper geben sich den feinen Strömen hin. Die Säulen bewegen sich, driften auseinande­r und werden wieder eine ganze Wand. Stäbe kommen aus ihnen, bieten Halt. Die Tänzer laufen an ihnen hoch, umschweben sie. Wenige schaffen es schließlic­h, sie zu erklimmen.

Diesen Bewegungen und der Musik sollte sich auch der Zuschauer hingeben. Die Zeit sollte er nicht damit vergeuden, eine Handlung zu suchen. Es geht um die Erkundung des Raumes mit den Mitteln des Tanzes.

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FOTO: LAURENT PHILIPPE Die Compagnie Käfig zeigte mit „Vertikal“im Theaterzel­t am Burgplatz eine Deutschlan­dpremiere.

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