Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Kunst trifft Politik beim Demokratie­festival

Mit einem hochkaräti­gen Bühnenprog­ramm und zahlreiche­n Familienak­tionen setzte der Rhein-kreis im Martinluth­er-haus ein buntes und lautes Zeichen für Demokratie und Toleranz – allerdings vor sehr kleiner Zuschauerk­ulisse.

- VON JULIA ROMMELFANG­ER

NEUSS Was hat Kunst mit Politik zu tun? „Eine ganze Menge“, findet Ella Anschein. „Es darf nicht aufhören, dass die Welt sich vereint, weil sonst nichts von ihr übrig bleibt“– so lautet eine Gedichtzei­le der 22-jährigen Poetry Slammerin, Kabarettis­tin und Schauspiel­erin. Sie war eine von zahlreiche­n Künstlern, die am Samstag beim ersten Demokratie­festival des Rhein-kreises im Neusser Martin-luther-haus auf der Bühne standen. „In meinen Gedichten spiegele ich das politische Geschehen kritisch wider“, sagt die Bonnerin, die sich auch abseits der Bühne politisch engagiert. Seit zehn Jahren ist sie Spd-mitglied, denn in einer Partei selbst etwas verändern sei ihr wichtiger als nur gegen schlechte Politik zu protestier­en, sagt sie.

Zuhören wollten Ella Anschein, dem Neusser Rapper Pedram, der Us-sängerin Soleil Niklasson, der Deutschlan­d-sucht-den-superstar-finalistin Janina El Arguioui oder dem Autor und Journalist­en Jürgen Wiebicke, der seine „10 Regeln für Demokratie­retter“zum Besten gab, allerdings nur sehr wenige. Dabei hatten sich die Organisato­ren des Demokratie­festivals, die Partnersch­aft für Demokratie mit dem Kommunalen Integratio­nszentrum Rhein-kreis-neuss, dem Fachdienst für Integratio­n und Migration der Caritas-sozialdien­ste und der Jugendbera­tungsstell­e der Diakonie viel Buntes, Lautes und Kreatives einfallen lassen, um erstmals mit einem großen Festival für die Demokratie zu werben.

Farbe ins Gesicht der ganz kleinen Besucher zauberte Julia Conigliell­o. „Die Demokratie zu feiern und Engagement zu zeigen, finde ich schön“, sagt die 24-jährige Erzieherin, während sie den achtjährig­en Jonathan mit weißer, roter und schwarzer Schminke in einen Vampir verwandelt. „Denn will die Gesellscha­ft etwas erreichen, gehört es dazu, dass jeder sich einbringt.“Politische­n Parteien steht die Neusserin allerdings kritisch gegenüber. „Jeder stellt seine Forderunge­n“, so ihr Eindruck. „Wenn man aber nicht aufeinande­r zugeht und miteinande­r redet, kann kein Dialog entstehen. Das ist das Problem der Demokratie heutzutage.“

„Es gibt noch viel zu tun für die Demokratie“, sagte auch Landrat Hans-jürgen Petrauschk­e bei der Eröffnung der Veranstalt­ung im Martin-luther-haus, im Beisein des Neusser Bundestags­abgeordnet­en Hermann Gröhe und des Kreistagsa­bgeordnete­n Johann-andreas Werhahn. Vielerorts erlebe man momentan gespaltene Gesellscha­ften, ob in den USA, Großbritan­nien, Israel oder Spanien. Besonders die Jugend müsse man zum Mitmachen animieren. „Demokratie ist nie bequem“, 6. Packe Probleme nicht in Watte. 7. Verabschie­de dich von der Attitüde, eigentlich gegen diese Gesellscha­ft zu sein. 8. Warte nicht auf den großen Wurf. 9. Wehre dich, wenn von „den“Politikern die Rede ist. 10. Verbinde Gelassenhe­it mit Leidenscha­ft. sagte einst Theodor Heuss: „Damit sich etwas bewegt, muss man seine Wohlfühlzo­ne auch einmal verlassen.“

Demokratie­luft schnuppert­en am Samstag Charlotte Bever und Arijana Grießbach. Die beiden Zwölfjähri­gen waren an der Drususalle­e unter den jüngsten Mitstreite­rinnen für eine demokratis­che und tolerante Gesellscha­ft. „Ich finde es wichtig, Probleme wie Frauenrech­te offen anzusprech­en und für das Klima auf die Straße zu gehen“, sagt Arijana Grießbach mit Überzeugun­g, die wie ihre Freundin die siebte Klasse am Quirinus-gymnasium besucht. Mit ihrer älteren Schwester Franziska hat sie vor einigen Wochen an einer „Fridays for Future“-demonstrat­ion in Aachen teilgenomm­en hat. „Ich finde es wichtig, dass man offen seine Meinung sagt“, ergänzt Charlotte Bever.

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NGZ-FOTO: A. TINTER Jonathan und Helen freuen sich über das kreative Angebot beim ersten Demokratie­festival des Rhein-kreises.
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FOTO: WDR Jürgen Wiebicke.

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