Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Das Ende der Inflation
KOLUMNE DIE ÖKONOMIN
Es war einmal die größte Angst, die vor Inflation. Die Hyperinflation von 1923, als Arbeiter ihren Lohn in Schubkarren nach Hause fahren mussten, weil der einzelne Schein kaum noch etwas wert war, grub sich in das kollektive Gedächtnis der Deutschen ein. In den USA griffen Präsidenten später zu absurden Maßnahmen, um Inflation zu bannen, woran die Wirtschaftszeitung „Economist“erinnert: Richard Nixon kündigte 1971 per Tv-spot an, alle Preise und Löhne einzufrieren – was die Marktwirtschaft zum Erliegen gebracht Stagflation. Das ist vorbei. Abgesehen von Sonderfällen wie Venezuela ist die Inflation in vielen Ländern gebannt. Der Euro ist stabiler, als es die D-mark je war; die Sorge, die neue Währung werde schwindsüchtig, war unbegründet. Am Freitag gab das Statistische Bundesamt die Inflationsrate für September bekannt: mickrige 1,2 Prozent.
Was stabile Preise angeht, hat die Geldpolitik ihre Hausaufgaben gemacht. Man glaubt auch nicht mehr, dass man einen Rückgang der Arbeitslosigkeit durch einen Anstieg der Inflation erkaufen kann. Viele Länder, in denen die Bevölkerung altert, haben ohnehin mit Fachkräftemangel zu kämpfen und nicht mit Arbeitslosigkeit. In Europa nur schüttet man das Kind mit dem Bade aus: Die Europäische Zentralbank (EZB) verlangt von Banken als Negativzins 0,5 Prozent. Nun erklärte Spaniens Notenbankchef Pablo Hernandez, der „Umkehrzins“sei noch nicht erreicht. Heißt: Die Strafzinsen steigen weiter, mehr Banken und Sparkassen werden ihre Sparer zur Kasse bitten, die Immobilienpreise gehen weiter hoch. Die Geißel Inflation wurde abgelöst durch die Nullzins-geißel, weil die EZB weiterhin nicht den Ausstieg wagt. So bleibt die Geldpolitik, wenn auch unter anderen Vorzeichen, eine Quelle von Ängsten. Ihre Meinung? Schreiben Sie der Autorin unter kolumne@rheinische-post.de