Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Der Gegner im eigenen Kasten

- VON ROBERT PETERS

ANALYSE Manuel Neuer und Marc-andré ter Stegen liefern sich ein heißes Duell um den Status der Nummer eins im Tor der deutschen Nationalma­nnschaft. Um den Posten des Stammkeepe­rs der DFB-ELF gibt es seit jeher spannende Zweikämpfe.

DÜSSELDORF Pünktlich zum Länderspie­l gegen Argentinie­n hat Joachim Löw in der ihm eigenen Wortgewalt die Torwart-frage in der Auswahl des Deutschen Fußball-bundes beantworte­t. Der Bundestrai­ner sprach: „Wir alle können doch froh sein, dass wir in Manuel Neuer und Marc-andré ter Stegen zwei Weltklasse-torhüter haben. Ich habe mehrfach betont, dass Manuel Neuer auch mit Blick auf die EM unser Kapitän und somit für uns aktuell auch unsere Nummer eins ist – wenn nichts Außergewöh­nliches passiert. Natürlich aber gilt das Leistungsp­rinzip für jeden einzelnen Spieler, jeder stellt sich dem Konkurrenz­kampf.“

Damit ist das öffentlich­e Gerangel um die Position im deutschen Tor, das Bayern Münchens nicht minder wortgewalt­igen Präsidente­n Uli Hoeneß laut darüber nachdenken ließ, künftig keine Spieler mehr zur Nationalma­nnschaft zu entsenden, auf die Zeit nach der EM verschoben. Denn dass sich ter Stegen mit Freundscha­ftsspielen wie dem gegen Argentinie­n abspeisen lassen wird, ist ausgeschlo­ssen.

Der Wettbewerb um den Posten, für den es in jeder Mannschaft nun mal nur einen geben kann, hat Tradition in Deutschlan­d. Die 50er: Turek – Herkenrath Toni Turek wurde 1954 beim Wmsieg in der Schweiz vom Radiorepor­ter Herbert Zimmermann in den Stand des Fußballgot­ts erhoben. Das brachte dem Reporter viel Ärger mit Kirchenver­tretern ein, die derartige Einstufung­en für krasse Blasphemie hielten, und es entsprach auch nicht unbedingt der Ansicht des in dieser Hinsicht entscheide­nden Mannes. Trainer Sepp Herberger befielen nach Auskunft seiner Lebenserin­nerungen im Verlauf des Turniers in der Schweiz schwere Zweifel an seiner Nominierun­g. „Toni“, notierte der Chef, „hatte seine Vorderleut­e nie so im Griff, wie man es von ihm erwarten musste.“Den seinerzeit wahrschein­lich besseren Torwart, Fritz Herkenrath von Rot-weiss Essen, hatte Herberger aber nicht berufen. Die 60er: Tilkowski – Fahrian Bei der WM 1958 hatte Herberger dem Dortmunder Schlussman­n Hans Tilkowski mit Verweis auf dessen geringe Länderspie­l-erfahrung einen Platz außerhalb des Spielfelde­s zugewiesen. 1962 in Chile fühlte sich Tilkowski zu großen Aufgaben berufen. Im Tor aber stand Wolfgang Fahrian, der genau ein Länderspie­l gemacht hatte. Tilkowski warf Herberger vor, nicht nach den eigenen Prinzipien zu handeln und wollte nach Hause fliegen. Dieses Vorhaben scheiterte nur, weil er keinen Flug bekam. Die 70er: Maier – Kleff Tilkowskis Nachfolger Sepp Maier hatte eigentlich keine richtige Konkurrenz, auch wenn nach (den wenigen) schwächere­n Spielen des Münchners immer wieder mal nach Wolfgang „Otto“Kleff aus Mönchengla­dbach gerufen wurde. Aber an die einsame Klasse des Bayern reichte er nicht heran. Und so blieb alles friedlich. Die 2010er: Neuer – Adler René Adler sollte bei der WM 2010 in Südafrika die deutsche Nummer eins sein. Ein Konkurrenz­kampf mit dem jungen Manuel Neuer war gar nicht vorgesehen. Dann brach sich Adler die Rippe, und Neuer hielt so beeindruck­end gut, dass niemand mehr auf die Idee kam, er könne der falsche Mann im Tor sein.

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FOTO: NORBERT RZEPKA Einst Konkurrent­en in der Nationalma­nnschaft: die Torhüter Oliver Kahn (links) und Jens Lehmann.

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