Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
„Bei Munch kommt uns die Welt entgegen“
Zwei Stars, eine Ausstellung: Der norwegische Autor Karl Ove Knausgård kuratiert die Schau seines Landsmanns Edvard Munch in Düsseldorf.
Ich bin mit Karl Ove Knausgård verabredet, und das fühlt sich an, als würde ich gleich einen Freund treffen. Ich bin dem Norweger noch nie begegnet, aber ich habe alle sechs Bände seines autobiografischen Romanzyklus „Mein Kampf“gelesen, jede einzelne der rund viereinhalbtausend Seiten. Bei dem Titel der Reihe denkt man als Deutscher natürlich direkt an Hitler. Knausgård muss sich dafür oft rechtfertigen, und er sagt dann, dass es darum in seinen Büchern nun mal gehe, um seinen Kampf mit dem Alltag. Ein ereignisloser und dennoch nervenzerfetzender Ausflug mit drei kleinen und quengelnden Kindern wird da auf 150 Seiten erzählt, jedes Eheproblem schonungslos ausgebreitet, das Zurechtmachen des toten Vaters für die Beerdigung naturalistisch und in epischer Länge dokumentiert. Knausgård hat sein Leben in Echtzeit mitgeschrieben, eine Selbstgeografie gestaltet. Er sagt so radikal „Ich“wie kaum jemand zuvor. Man könnte sagen, diese Bücher sind ein Aquarium, und ich habe hineingesehen. Ich kenne Knausgård nun besser als so manchen entfernten Verwandten, und deshalb direkt die Frage: Sind Sie noch derselbe wie in den Romanen, Herr Knausgård? Die Antwort kommt so schnell und ist so kurz, dass ich sie ihm nicht abnehme. Sie lautet: „Ja.“
Der 50-Jährige sitzt in einem ruhigen Raum der Kunstsammlung NRW. Er hat soeben der Öffentlichkeit seine Ausstellung mit Werken Edvard Munchs gezeigt. Knausgård suchte die Bilder aus, zwei Jahre hat er sich in das Werk des Malers versenkt. Und er wählte eben nicht den „Schrei“aus, das berühmteste Munch-bild, das zu den ikonischen Darstellungen der europäischen Moderne gehört. „Der