Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Süßes und Saures
Unsere Zähne können auf vielfältige Weise geschädigt werden. Auch die falsche Zahnbürste kann auf Dauer Probleme bereiten.
Unser Leser Herbert E. (62) aus Kempen fragt: „Ich habe gehört, dass zu festes Zähneputzen oder saure Lebensmittel den Zähnen genauso schaden wie Zucker. Das habe ich so nicht gewusst. Stimmt das?“Jürgen Zitzen Zucker verursacht Karies. Doch es ist nicht der Zucker selbst, der die Zähne zerstört, es ist Säure. Die entsteht in den klebrigen Zahnbelägen und in den darin enthaltenen Bakterien am Ende des Energiestoffwechsels. Die Säureattacke dauert etwa eine Stunde und schadet vor allem da, wo Bakterien an den Zähnen haften. Dabei nehmen die Bakterien Fruchtzucker genauso gerne auf wie Industriezucker.
Sogar aus Stärke, etwa aus Kartoffelchips, beziehen diese Bakterien ihre Energie und hinterlassen zahnschädliche Säure. Besonders schädlich: Wenn die Bakterien in den Zahnbelägen ohne große Pause immer wieder Zuckernachschub aus gesüßten Zwischenmahlzeiten oder Getränken erhalten, haben körpereigene Reparaturmechanismen keine Chance, dem Angriff etwas entgegenzusetzen.
Säure kann auch auf direktem Wege die Oberflächen der Zähne entkalken. Der Zahnarzt nennt das dann nicht Karies, sondern Erosion. Nahrungsmittel können dies verursachen, zum Beispiel Erfrischungsgetränke, Säfte, die meisten Sportgetränke, viele alkoholische Getränke, auch viele Salatsaucen und Essig. Früher dachte man, dass besonders saure Lebensmittel (niedriger ph- Wert) auch besonders viele Erosionen hervorrufen.
Das ist jedoch nur teilweise richtig: Saure Milchprodukte, Bier, sogar einige wenige sehr saure Sportgetränke haben kaum erosives Potenzial. Fügt man beispielsweise einem extrem erosiven Orangensaft Kalzium hinzu, geht die entkalkende Wirkung fast ganz verloren. Der Kalziumbestandteil der Nahrung scheint also der direkten Säureschädigung etwas entgegenzusetzen. Vorsicht: Smoothies, Limonaden, Cola und Energiedrinks sind meist zuckerhaltig und gleichzeitig sauer – sie schaden also doppelt.
Außerdem können Nahrungsergänzungsmittel, Medikamente und saures Aufstoßen (Reflux) Säureschäden verursachen.
Auch Zahnbürsten können Löcher im Zahn verursachen
Verheerende Zahnzerstörungen sieht man bei Bulimie (Ess- Brechsucht). Bis vor kurzem hatten Zahnärzte geraten, nach einer Säureattacke eine Stunde mit dem Zähneputzen abzuwarten. Diese Empfehlung gilt derzeit als überholt. Besser scheint es zu sein, den Mund sofort kräftig mit Wasser auszuspülen.
Sogar Zahnbürsten können Zahnlöcher verursachen: Putzen mit zu viel Druck schadet den Zähnen und dem Zahnfleisch. Besonders gefährdet sind freilegende Zahnwurzeln, denn dort fehlt der harte und schützende Zahnschmelz. Auch für den Härtegrad der Zahnbürste gibt es eine neue Empfehlung: Früher hatten Zahnärzte zu weichen Borsten geraten, heute werden wieder härtere empfohlen.
Der Grund für diese Korrektur ist: Unter dem Elektronenmikroskop konnte man nämlich sehr genau nachweisen, dass weiche Borsten knicken und mit der langen, zurückschnellenden Seite vorgeschädigte Zahnflächen regelrecht aufsägen.