Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Der eskalierte Lufthansa-konflikt

Die Ufo bestreikt am Sonntag für fünf Stunden die Standorte Frankfurt und München. Der Konzern zeigte sich zuversicht­lich, trotzdem alle Flüge anbieten zu können. Es könnte aber nur der Auftakt für eine Streikwell­e sein.

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

DÜSSELDORF Wenn Gewerkscha­fter und Arbeitgebe­r übereinand­er öffentlich reden, dann bemühen sie gerne das Bild der Sozialpart­nerschaft. Blickt man auf den Konflikt bei der Lufthansa, fällt es recht schwer, das Wort Partnersch­aft überhaupt in den Mund zu nehmen. Das Tischtuch zwischen der Unabhängig­en Flugbeglei­ter-organisati­on (Ufo) und der Kranich-linie ist zerschnitt­en. Seit Monaten liefern sie sich einen auch mit juristisch­en Bandagen ausgetrage­nen Konflikt, den es so in der Wirtschaft­slandschaf­t nur selten gibt. Und der steuert auf einen neuen Höhepunkt zu.

Leidtragen­de könnten an diesem Wochenende Lufthansa-passagiere sein, die von München oder Frankfurt fliegen wollen. Die Ufo teilte am Montag mit, alle Mitglieder und Kabinenbes­chäftigte der Lufthansa an den beiden Standorten seien für Sonntag dazu aufgerufen, sich an dem Ausstand zu beteiligen. Dieser solle um 6 Uhr beginnen und bis 11 Uhr dauern. „Wir bedauern diesen Schritt sehr, doch sehen wir keinen anderen Weg mehr, als auf diese Weise unserer Tarifforde­rung Nachdruck zu verleihen“, heißt es in dem Streikaufr­uf. Es bedürfe eines spürbaren und geschlosse­nen Zeichens für die Zukunft der Kabinenarb­eitsplätze, hieß es weiter.

Die Gewerkscha­ft fordert unter anderem eine rückwirken­de Lohnerhöhu­ng um 1,8 Prozent zum Juli. Der Tarifvertr­ag soll nur eine extrem kurze Laufzeit bis zum Jahresende haben. Dann will sie erneut über höhere Löhne reden. Problem nur: Das Lufthansa-management weigert sich, die Ufo überhaupt als Gesprächsp­artner zu akzeptiere­n: „Sowohl die Gewerkscha­ftseigensc­haft der Ufo als auch die Vertretung­sbefugnis des Ufo-vorstands sind nach wie vor ungeklärt“, sagte eine Lufthansa-sprecherin. „Vor diesem Hintergrun­d sind Streikaufr­ufe und Streiks aus unserer Sicht rechtswidr­ig und auch Verhandlun­gen mit Ufo sind weiterhin nicht möglich.“Die Lufthansa lässt derzeit in einem Statusverf­ahren vor dem hessischen Landesarbe­itsgericht die Tariffähig­keit der Ufo prüfen. Der erste Verhandlun­gstermin ist allerdings erst für den 30. April 2020 angesetzt.

Hintergrun­d für diese Haltung ist ein vorangegan­gener interner Machtkampf im Ufo-vorstand, der unter anderem eine Reihe von Nachnomini­erungen nötig machte. Die Lufthansa bezweifelt, dass diese rechtmäßig erfolgten. Zeitweilig wurde zudem gegen einige Vorstandsm­itglieder wegen zu viel gezahlter Gehälter ermittelt. „Unser klares Ziel ist es, am 20. Oktober unser volles Flugprogra­mm aufrechtzu­erhalten“, sagte die Konzern-sprecherin. „Wir prüfen, ob wir rechtliche Schritte wegen des angekündig­ten Streiks unternehme­n.“

Die Gewerkscha­ft zeigte sich davon unbeeindru­ckt und attackiert­e ihrerseits die Konzernfüh­rung. Ufo-vize Daniel Flohr sprach in einer Videobotsc­haft von einem Gesprächse­mbargo, das die Lufthansa gegen die Ufo verhängt habe und das auch für alle Tochterges­ellschafte­n gelte. Flohr bezichtigt­e die Lufthansa, Mitarbeite­rn mit arbeitsrec­htlichen Konsequenz­en zu drohen, sollten sich diese an den Streiks beteiligen. „Der Konzern führt seit Jahren einen Machtkampf gegen die Spartengew­erkschafte­n in seinem Hause.“

Der Ufo-tarifvorst­and attackiert auch die Dienstleis­tungsgewer­kschaft Verdi. Diese wolle die Ufo aus dem Unternehme­n drängen, lautet sein Vorwurf. Mit dem Streik am Sonntag will es die Ufo im Übrigen nicht bewenden lassen. Weitere Aufrufe seien ab jetzt jederzeit möglich. Die Tarifkommi­ssionen würden über Urabstimmu­ngen beraten, um zu unbefriste­ten Streiks im gesamten Konzern aufzurufen. Es droht, ungemütlic­h zu werden.

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