Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Elite-verein mischt Jugendfußball auf
Beim FC Niederrhein Soccer in Moers dreht sich alles um die Förderung von Talenten. Für Training bei A-lizenzinhabern zahlen Eltern 119 Euro im Monat. Der Fußballkreis registriert Unmut bei den etablierten Vereinen.
MOERS Im Jugendbereich des Fußballkreises Moers sorgt ein Verein für Aufsehen. Der am 1. Juli gegründete FC Niederrhein Soccer, der derzeit zwei Teams in der E-jugend angemeldet hat, eilt dort von Sieg zu Sieg. Mit jeweils 15 Punkten aus den ersten fünf Spielen liegen beide Mannschaften auf dem ersten Platz ihrer Kreisklassen-staffel. Eine E-jugend hat bereits 70 Tore geschossen und nur neun Gegentore kassiert. Mehr als ein Drittel dieser Tore fielen beim 27:0-Sieg gegen Alemannia Kamp; es ist der höchste Saisonsieg – bislang. Auch die zweite E-jugend überzeugt. Deren Ergebnisse bislang: 22:0, 15:0, 19:0, 12:6 und 7:2.
Der Erfolg kommt nicht von ungefähr. Der Verein verfolgt ein klares, aber ambitioniertes Konzept. Von der U8 bis zur U15 sollen junge Talente gefördert werden. „Wir suchen talentierte Jungs, die schon einiges mitbringen“, sagt Trainer Hrvoje Vlaovic. Das große Ziel: Jedes Jahr sollen möglichst viele Spieler an die Nachwuchsleistungszentren der großen Vereine herangeführt werden und so in Zukunft die Möglichkeit haben, Fußballprofi zu werden. Die Entwicklung der jungen Fußballer stehe dabei im Vordergrund. „Wir wollen darüber gemessen werden, wie wir die Kids verbessern“, sagt der Kroate.
Die Individualität und die technischen Fähigkeiten der Kinder und Jugendlichen werden beim FC Niederrhein Soccer hoch geschätzt. Die Jugendspieler sollen sich zum Beispiel trauen, in Eins-gegen-eins-duelle zu gehen. Das sei in vielen Nachwuchsleistungszentren nicht mehr der Fall, so Vlaovic. Der Trainer ist sich sicher, dass sein neuer Verein für die Entwicklung der Spieler die beste Adresse und teilweise sogar besser geeignet ist als die Ausbildung bei den großen Vereinen. „Ein Verein aus dem Breitensport mit ehrenamtlichen Trainern hat nicht die Mittel, die wir haben“, erklärt Vlaovic. „Und für viele Kinder kommt das Nachwuchsleistungszentrum in dem Alter einfach noch zu früh.“
Insgesamt sechs hochqualifizierte Trainer sind in Moers an Bord. Darunter befindet sich der ehemalige Bundesligaspieler von Borussia Mönchengladbach und dem MSV Duisburg, Dietmar Hirsch, der über eine Uefa-pro-lizenz verfügt. Das ist die höchst mögliche Trainerqualifikation in Europa. Drei Trainer besitzen zudem eine A-lizenz des Deutschen Fußball-bundes (DFB) und sind berechtigt, Männermannschaften unterhalb der 3. Liga sowie alle Frauen- und Jugendmannschaften in Deutschland zu trainieren. „Wir sind der Meinung, dass es von klein auf wichtig ist, gewisse Dinge mit qualifiziertem Personal zu lernen“, beschreibt Vlaovic die Philosophie. So könnte der Nachwuchs bestmöglich auf den Leistungsfußball vorbereitet werden.
Der FC Niederrhein Soccer hat keine eigene Sportlange, auf der der Verein trainieren und seine Spiele ausrichten kann. Er profitiert allerdings von einer Kooperation mit dem in Moers ansässigen VFL Repelen. Deren Verantwortliche und allen voran Fußball-abteilungsleiter Georg Gaidt zeigten sich bereits vor Monaten begeistert von dem neuen Projekt aus der Region, das sich der Talenteförderung im Jugendfußball widmet. Gaidt ist sicher, dass sich die beiden Vereine in Zukunft prächtig ergänzen und am Ende beide profitieren werden.
Der Fußballverband Niederrhein (FVN) sieht in dem neuen Jugend-fußball-klub ein „interessantes Projekt“, dessen Entwicklung in Zukunft noch genau beobachtet werde. Fvn-sprecher Henrik Lerch betont, dass der Verein aus Moers nicht mit übrigen Dorf- oder Amateurvereinen aus der Region verglichen werden kann. Dicker Pluspunkt sei die hohe Trainerqualität. „Das kann ein gewöhnlicher Amateurverein nicht bieten.“Die Gefahr, dass durch eine mögliche Dominanz des FC Niederrhein Soccer bei den Gegnern Kinder die Lust am Fußball verlieren, sieht der FVN nicht. „Höhere und teilweise extreme Ergebnisse sind im Jugendbereich nicht ungewöhnlich“, sagt Lerch. Im Fall von Niederrhein Soccer sei das auch gar nicht vermeidbar. „Ein neuer Verein muss eben immer in der untersten Liga anfangen“, so der Fvn-sprecher.
Der Fußballkreis Moers, in dem der FC Niederrhein Soccer seine E-jugend-teams ins Rennen schickt, sieht das anders. „Der neue Verein ist zu einem Problem geworden“, sagt Jugendausschuss-vorsitzender Wolfgang Wischinski. „Manche Mannschaften treten schon gar
„Wir sind der Meinung, dass es von klein auf wichtig ist, gewisse Dinge mit qualifiziertem Personal zu lernen“Hrvoje Vlaovic Trainer beim FC Niederrhein Soccer „Manche Mannschaften treten schon gar nicht mehr an, weil sie zweistellig verlieren würden“Wolfgang Wischinski Jugendausschuss im Fußballkreis Moers
nicht mehr an, weil sie zweistellig verlieren würden.“Das liege laut Wischinski an den komplett anderen Voraussetzungen. Normalerweise zahlten Eltern sechs bis sieben Euro Mitgliedsbeitrag im Jahr. Beim FC Niederrhein Soccer seien es eben „unglaubliche“119 Euro im Monat. In der laufenden Saison habe der Jugendausschuss keine Handhabe, erklärt der Jugendvorsitzende. In der nächsten Saison sollen die beiden Mannschaften vom FC Niederrhein Soccer dann eine Jugend höher spielen – so die Idee. „Das machen wir auf jeden Fall“, sagt Wischinski.
Der Verein verfolgt ähnliche Pläne. Vlaovic gibt an, man sei bereits vor der Saison auf den Fußballkreis zugekommen und habe darauf hingewiesen, dass viele talentierte Spieler in den eigenen Reihen zu finden sind. „Wir haben sie vorgewarnt“, sagt Vlaovic angesichts der hohen Ergebnisse in der Liga. „Aber wir haben die Ligazuteilung nicht gemacht.“Der Trainer gibt an, dass der Verein am liebsten in einer höheren Liga angefangen hätte – zum Beispiel der Kreisklasse 1.
Über die Entscheidung würden sich die jetztigen Gegner wohl durchaus freuen.