Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Ohne Eltern und ohne Schuhe in die Bücherei
Bücher, Bücher, nichts als Bücher. In Bibliotheken reiht sich meist ein Regal ans andere. Ganz anders ist das in einer Kinderbücherei in Norwegen.
Erwachsene dürfen hier nicht rein! In der Stadt Oslo in Norwegen steht eine Bücherei, in der Kinder und Jugendliche ganz unter sich sind. Zutritt haben nur Menschen zwischen zehn und 15 Jahren. „Biblo Tøyen“heißt diese Kinderbücherei. Ausgedacht hat sich den Ort Reinert Mithassel. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, Kinder fürs Lesen zu begeistern. Und zwar besonders die Kinder, denen die Eltern zu Hause selten vorlesen oder die die Landessprache Norwegisch nicht so gut sprechen. Innen gleicht die „Biblo Tøyen“eher einem Abenteuerspielplatz als einer Bücherei: Ein Geländewagen dient als Küche, und in alten Autos können Besucher werkeln und malen. In den Gondeln einer Seilbahn liegen Brettspiele bereit, und die Leseecke ist als U-boot gestaltet. Schon an der Tür der Bibliothek muss man die Schuhe ausziehen, damit man überall im Haus herumlümmeln kann. Reinert Mithassel weiß: „Die Kinder kommen nicht wegen der Bücher.“Sein Plan ist es, Kinder in die Bibliothek zu locken, weil der Ort spannend ist und sie sich dort wohlfühlen können. Sind sie einmal da, möchte er ihnen dann Bücher schmackhaft machen. Wer ein Buch ausleihen möchte, macht das selbst: mit einem Scanner, der einen Strichcode einliest. Rund eine Million Euro hat die Stadt Oslo für die Kinderbibliothek gezahlt. Das ist viel Geld, aber Norwegen ist auch ein reiches Land. Reinert Mithassel glaubt fest daran, dass Lesen Menschen hilft, ein besseres Leben zu führen. dpa