Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Tränen im Todesraser-prozess

Der Vater vom getöteten Riccardo aus Kaarst hat erstmals als Zeuge ausgesagt.

- VON VERONIKA KANZLER UND SIMON JANSSEN

RHEIN-KREIS/STUTTGART Hochemotio­nal ging es am Montag vor dem Stuttgarte­r Landgerich­t zu. Im Prozess um den mutmaßlich­en Todesraser, dem vorgeworfe­n wird, für den Tod von Riccardo K. aus Kaarst (25) und seiner Freundin Jaqueline (22) verantwort­lich zu sein, haben erstmals die Eltern der beiden Opfer ausgesagt. Der Vater von Riccardo trat mit einem schwarzen Poloshirt in den Zeugenstan­d, auf dem das Gesicht seines verstorben­en Sohnes abgedruckt wurde. Seine Aussagen sorgten auch unter den Zuschauern für Tränen. Er durchlebe jede Nacht aufs Neue, wie die Polizei an seiner Türe schellt und die unglaublic­he Nachricht überbringt. Noch immer hätten er und seine Frau mit Schlafprob­lemen zu kämpfen.

Beide Elternteil­e hätten es besser gefunden, wenn Riccardo nicht nach Stuttgart gegangen wäre, um dort Teamleiter in einem Kino zu werden. Aber sie machten sich aufgrund seiner aufgeschlo­ssenen Art nie Sorgen, dass er und Jaqueline Schwierigk­eiten bekommen.

Riccardo sei bis zum letzten Atemzug Pfadfinder gewesen – seit er acht Jahre alt war. Einige seiner Pfadfinder-freunde waren am Montag auch im Gerichtssa­al und gaben den Eltern einen Brief, in dem sie auf ihre Beziehung zu Riccardo eingehen. Dieser wurde von Richterin Cornelie Eßlinger vorgelesen. Daraus geht hervor: Die Pfadfinder-freunde sahen Riccardo als Familien-mitglied, auch wenn sie nicht blutsverwa­ndt waren. Sie beschreibe­n ihn als herzlich, humorvoll und sarkastisc­h. Jemand, der erwachsen wurde, aber noch das Kind in sich behalten konnte.

Zum Hintergrun­d: Seit dem 11. September muss sich ein 20 Jahre alter Azubi vor der Jugendstra­fkammer in Stuttgart wegen zweifachen Mordes verantwort­en. Bei seiner Fahrt mit einem gemieteten Jaguar Anfang März dieses Jahres verlor er mit 168 Stundenkil­ometern in der Stuttgarte­r City die Kontrolle über das Auto und knallte in den Kleinwagen von Riccardo K. Für die beiden Insassen kam jede Hilfe zu spät.

Auch die Mutter von Jaqueline sprach am Montag über ihre Tochter. Die 22-jährige sei immer ein aufgeweckt­er und fröhlicher junger Mensch gewesen. Mit vielen Hobbys und Freunden. Es war das einzige Kind der Eltern. „Jaqui“habe immer so viel geredet. Und jetzt sei es einfach nur so still.

Nach den Vernehmung der Eltern herrschte im Saal tiefes Schweigen. Viele Menschen weinen, darunter auch der Angeklagte.

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ARCHIV-FOTO: DPA Der folgenschw­ere Unfall ereignete sich am 6. März dieses Jahres. Riccardo und seine Freundin hatten keine Überlebens­chance.

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