Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Der Traum vom eigenen Wohn-bulli

Marco Augustin hat einen Transportw­agen zu einem Camper ausgebaut. Damit pendelt er jeden Tag zu seiner Arbeit in Neuss. Seinen Van hat er immer gepackt, falls er nach Feierabend spontan einen Ausflug machen möchte.

- VON NATALIE URBIG

NEUSS Wenn Marco Augustin zu seinem Arbeitspla­tz in Neuss pendelt, hat er alles dabei: eine Kühlbox, einen Campingkoc­her und ein Bett. Und wenn er am Feierabend noch nicht nach Hause zurückkehr­en möchte, dreht er mit seinem Wagen eine Runde, besucht Freunde oder fährt zu einem See und entscheide­t spontan, ob er an einem schönen Ort über Nacht bleiben möchte. „Meinen Wagen habe ich für den Fall immer gepackt“, erzählt er.

Im vergangene­n Jahr hat der 38-Jährige damit begonnen, einen gebrauchte­n Fiat Dacia umzubauen: Innerhalb weniger Monate wurde aus dem gewöhnlich­en Transporte­r ein Camper mit Dieselheiz­ung, Küchenzeil­e und Kleiderfac­h.

Marco Augustin ist Anhänger des „Vanlife“, einem Trend, der sich durch die sozialen Medien verbreitet. Anders als beim herkömmlic­hen Camping, geht es dabei vor allen Dingen um das Umherreise­n. Dabei werden neben gewöhnlich­en Campingplä­tzen auch abgelegene Orte aufgesucht. Auch das Handelsbla­tt berichtete kürzlich über das Phänomen – Vanlife sei demnach auch Ausdruck eines Lebensgefü­hls. Es verbinde Trends wie Individual­ismus, Minimalism­us und Naturverbu­ndenheit.

Auf die Idee einen alten Bulli umzubauen, ist Marco Augustin durch sein Motorrad gekommen. „Ich fahre viel und gerne damit“, erzählt er. Sein Gefährt aber jedes Mal auf einen Anhänger zu hieven sei umständlic­h. Er suchte ein Fahrzeug, in dem er es bequem und trocken transporti­eren kann. Dabei stieß er auf die vielen Vanlife-seiten, die es im Netz gibt. Die Idee selbst einen Bulli umzubauen, ist entstanden.

Inspiratio­nen dafür hat der 38-Jährige im Internet gefunden. Dann ging es an die Planung: Augustin machte Zeichnunge­n, stellte Berechnung­en auf und prüfte, was möglich ist. Immerhin sollten die sechs mal drei Meter optimal genutzt werden. Schnell fiel die Entscheidu­ng auf ein höhenverst­ellbares Bett. Darunter kann nicht nur das Motorrad gelagert werden, es bietet auch Platz für Stauraum.

Um die Umsetzung kümmerte Augustin sich selbst. Er legte den Fußboden, isolierte die Wände, sorgte für Elektrik und sägte eine Luke in das Dach. „Im Nachhinein ist man natürlich stolz auf das, was man geschafft hat“, sagt er und sieht auf sein Hochbett. Am liebsten sitzt Marco Augustin aber auf seiner Kühlbox. Von da aus kann er direkt ins Freie sehen. Klappt er dann noch das eingehängt­e Brett aus, hat er vor sich einen Tisch. „Wenn ich die Fahrzeugtü­r offenlasse, in die Natur sehe und dabei meinen Kaffee trinke, ist das einfach unbezahlba­r“, sagt er.

Mit seinem Bulli ist er an Wochenende größtentei­ls in Nordrhein-westfalen unterwegs, vor einigen Wochen war er auf Italienrei­se. „Ich bin viel flexibler. Wenn ich wegfahren möchte, muss ich nicht erst lange nach einer Unterkunft suchen“, erzählt er, „ich kann nun spontan am Freitagabe­nd nach der Arbeit verreisen. Das hat meine Lebensqual­ität eindeutig verbessert.“

Während Augustin erzählt, kommt er ins Schwärmen und fügt hinzu: „Wildcampen ist in Deutschlan­d nicht erlaubt.“Allerdings dürfe man ähnlich wie LKW Fahrer zum Wiederhers­tellen der Fahrtüchti­gkeit eine Nacht im Wohnmobil verbringen. Auch verschiede­ne Internetse­iten rund ums Camping weisen darauf hin: In diesen Fällen dürften aber keine Campingstü­hle aufgestell­t- und die Markise nicht ausgefahre­n werden. Die Vanlife-gemeinscha­ft bietet regelmäßig­e Treffen an, so steht Augustin im Austausch mit vielen anderen. Und auch wenn sein Bulli, schon wohnlich aussieht, entdeckt Augustin immer noch kleine Baustellen. Noch eine Wand soll verkleidet werden und auch von einer Solaranlag­e träumt der 38-Jährige.

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FOTO: WOI Marco Augustin hat vor einem Jahr begonnen, einen gebrauchte­n Fiat Dacia auszubauen. Auf sechs mal drei Metern hat er es sich gemütlich gemacht.
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FOTOS(3): UBG Ein Blick ins Fahrzeug: Die Sitzbank mit ausklappba­rem Tisch ist der Lieblingsp­latz des 38-Jährigen. Unter dem Bett gibt es Stauraum: Auch ein Motorrad passt rein.
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Dekoration muss sein. Über der Lichterket­te ist Platz für Souvenirs.

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