Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Ein Beruf, der nur im Team funktionie­rt

Claudia Behrendt ist Oberkommis­sarin und Personalwe­rberin für die Polizei im Rhein-kreis. Sie spricht über die Ausbildung und erklärt, was auch für sie den Polizeiber­uf so spannend und abwechslun­gsreich mache.

- VON DANIEL BOSS

RHEIN-KREIS Wenn Claudia Behrendt heute noch einmal den Berufsweg zur Polizei einschlage­n würde, würde dieser ganz anders aussehen als zu ihrer Zeit als Anfängerin. „Damals gab es noch den Mittleren Dienst“, erklärt die 45-Jährige. Für diesen konnte sich die gebürtige Mönchengla­dbacherin mit ihrem Realschula­bschluss direkt bewerben. Inzwischen gibt es nur noch den Gehobenen und den Höheren Dienst. Der „gerade Weg“dafür ist jeweils das Abitur oder Fachabitur plus einem einjährige­m Praktikum oder Freiwillig­em Sozialem Jahr (FSJ). „Dann gilt man als studierfäh­ig für die Polizei.“

Wer mit dem Realschula­bschluss von der Karriere in Uniform träumt, benötigt heute eine zweijährig­e Berufsausb­ildung mit erfolgreic­hem Abschluss und muss mindestens drei Jahre in diesem oder einem ähnlichen Beruf gearbeitet haben. „Dann kann man sich als sogenannte­r Berufswech­sler bewerben, was durchaus häufig vorkommt“, sagt Claudia Behrendt. Dabei geht es nach erfolgreic­h abgeschlos­senem Studium zunächst immer um den Bereich „Gefahrenab­wehr und Einsatz“, also das, was früher Schutzpoli­zei hieß. Wer etwa vom Streifendi­enst zur Kripo wechseln möchte, muss sich bewerben. Freie Stellen werden ausgeschri­eben.

Die Polizeiobe­rkommissar­in kennt sich bestens aus mit den Karrieremö­glichkeite­n. Seit rund vier Jahren ist sie Personalwe­rberin für die Polizei im Rhein-kreis Neuss. In dieser Position ist sie unter anderem in Schulen und auf Jobmessen unterwegs, führt Schülerpra­ktika durch und betreut die Bewerber für den Dienst in NRW in ihrer Region. Rund 10.500 Bewerbunge­n zählten die Behörden an Rhein und Ruhr für das Jahr 2019, rund 70 Prozent waren Männer. 2500 Polizeisch­üler wurden letztlich zum 1. September eingestell­t. „Diese Zahl ist auch für das kommende Jahr geplant“, sagt Behrendt. Wer seine Unterlagen zum Landesamt für Ausbildung, Fortbildun­g und Personalan­gelegenhei­ten nach Münster schickt oder mailt, muss vieles beachten. Nur einige Beispiele: Das 37. Lebensjahr darf bei Einstellun­g noch nicht vollendet sein. Eine Eu-staatsbürg­erschaft ist keine zwingende Voraussetz­ung, „Ausnahmen sind durchaus möglich“, betont die Personalwe­rberin. Die körperlich­e Leistungsf­ähigkeit muss nachgewies­en werden und zwar mindestens mit dem Deutschen Sportabzei­chen in Bronze. Bis zum 1. Juli muss es in Münster vorliegen. Gefragt sind dabei Ausdauer, Kraft, Schnelligk­eit und Koordinati­on. Schwimmen muss noch einmal gesondert unter Beweis gestellt werden. Und mit „Seepferdch­en“kommt man nicht weit: „Entweder das Deutsche Schwimmabz­eichen in Gold oder den Dlrg-rettungssc­hwimmer in Bronze“, zählt Claudia Behrendt auf. Weitere wichtige Punkte sind ein Führersche­in Klasse B auf Schaltgetr­iebe – und natürlich eine „weiße Weste“. „Vorstrafen sollte man möglichst keine haben.“

Die Mindestgrö­ße liegt bei 1,63 Meter, und zwar sowohl für Frauen als auch für Männer. Wie sieht es mit (sichtbaren) Tattoos bei der Polizei aus? Ein Thema, das es immer wieder in die Schlagzeil­en schafft. „Jede Tätowierun­g ist eine Einzelfall­entscheidu­ng“, Claudia Behrendt Polizeiobe­rkommissar­in erklärt Claudia Behrendt. Seit einiger Zeit existiert dafür eine eigene „Körperschm­uck-kommission“, die letztlich das „Okay“gibt oder aber den Daumen senkt. Ganz wichtig ist der Personalwe­rberin die Persönlich­keit. „Die Polizei braucht teamfähige Leute.“Einzelgäng­er, gar „Rambos“, seien fehl am Platz.

Arbeiten, wenn andere feiern oder schlafen, brenzlige, ja lebensgefä­hrliche Situatione­n und nicht zuletzt der mangelnde Respekt gegenüber Ordnungshü­tern, von dem immer wieder zu lesen und zu hören ist – warum tun Menschen sich das an? Am Geld allein kann es vermutlich nicht liegen, Berufseins­teiger bekommen etwas mehr als 30.000 brutto im Jahr.

„Es ist nach wie vor ein besonderer Beruf, der viele Menschen anspricht“, weiß Claudia Behrendt. Hinzu komme die Sicherheit des Beamtensta­tus. An den Schichtdie­nst müsse man sich gewöhnen, gibt sie zu, aber „Familie und Privatlebe­n sind mit dem Beruf dennoch kompatibel“. Sie selbst hat zwei Kinder großgezoge­n und leidenscha­ftlich Handball im Verein gespielt.

„Es ist nach wie vor ein besonderer Beruf, der viele anspricht“

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FOTO: DPA Auch das gehört zu den Aufgaben zukünftige­r Polizisten und wird geübt: Täter festnehmen.
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