Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Noch viele Funklöcher in NRW
Die Bundesregierung will mit einer Milliarde Euro Lücken im Mobilfunknetz stopfen. Die zuständigen Telefonanbieter klagen, dass Genehmigungsverfahren viel zu lange dauern.
BERLIN/DÜSSELDORF Selbst im bevölkerungsreichsten Bundesland Deutschlands kämpfen die Menschen häufig mit schlechtem Handyempfang. Gerade Pendler klagen immer wieder über Funklöcher, etwa vom bekannten Neandertalmuseum bis kurz vor der S-bahnhaltestelle Mettmann-zentrum. Beispiele gibt es fast aus jeder Stadt, aus jedem Ort. Besonders betroffen sind etwa die Eifel, die Grenzregion zu den Niederlanden und Ostwestfalen.
Wie ernst die Lage ist, zeigte im September eine Zusammenstellung der Nrw-landesregierung gemeinsam mit den Mobilfunkern Telekom, Vodafone und Telefónica, die eigene Netze unterhalten. Die drei Unternehmen räumten offen ein, dass die Funkversorgung zu schlecht ist. Zwar konnten 99,3 Prozent der Bürger in ihrer Wohnung mit LTE (also mit 4G-qualität) Smartphones und Tablets nutzen, aber nur 92,6 Prozent der Fläche Nordrhein-westfalens waren versorgt. Das Problem: In NRW gibt es große Flächen, auf denen lediglich 2G- oder 3G-netz verfügbar ist. Diese älteren Mobilfunk-standards ermöglichen meist keine flüssige Nutzung datenintensiver Anwendungen der Wirtschaft oder privater Nutzer, wie etwa Musik-streaming.
Die Bundesregierung will das nun endgültig ändern und im gesamten Bundesgebiet für guten Mobilfunkempfang sorgen. Der Bund nehme dafür 1,1 Milliarden Euro in die Hand, sagte Kanzleramtsminister
Helge Braun (CDU) am Montag im brandenburgischen Meseberg, wo das Kabinett zu einer zweitägigen Digitalklausur zusammengekommen war.
Braun erklärte, die Mobilfunkbetreiber seien für 99 Prozent des Ausbaus des Funknetzes verantwortlich, und „für das letzte Prozent“nehme die Regierung die angekündigte Summe in die Hand. Damit werde sichergestellt, dass künftig in allen Haushalten sowie auf Straßen und im ländlichen Raum mobil telefoniert werden könne. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Finanzminister Olaf Scholz (SPD) wiesen darauf hin, dass der Staat einspringen müsse, um Funklöcher in ländlichen Gebieten zu stopfen, die die Telekommunikationsfirmen aus Kostengründen wegen fehlender Rentabilität nicht abdecken wollten.
Die Mobilfunkunternehmen kritisierten unterdessen, dass hierzulande die Genehmigung neuer Lte-anlagen viel zu lange dauere. Sogar in Düsseldorf oder am Hildener Kreuz hätten sich Projekte über viele Monate verzögert, hieß es. Häufig sind auch Bürgerproteste gegen Mobilfunkmasten ein Grund dafür. Nun will die Regierung eine Informationskampagne auflegen, um Vorbehalte in der Bevölkerung etwa vor zusätzlicher Strahlenbelastung auszuräumen und für mehr Verständnis und Akzeptanz zu werben. Kanzlerin Merkel versicherte, dass die Regierung den Gesundheitsschutz
obenan stelle.
Wie Bürger die Probleme selbst lösen, zeigt das Beispiel der Stadt Haan. Dort gibt es im Bereich des historischen Dorfes Gruiten nur schlechten Mobilfunk-empfang. Der Bürger- und Verkehrsverein Gruiten hat Anwohner gewonnen, die einen Teil ihrer Festnetz-bandbreiten für ein W-lan per Freifunk für Dritte bereitgestellt haben – so können Touristen im freien W-lan ihre Smartphones nutzen. Unter Mitarbeit unserer Lokalredaktionen. Stimme des Westens