Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Strompreis­e in NRW steigen um 5,5 Prozent

700.000 Haushalte sind betroffen. Neben der Eeg-umlage steigen auch die Netzentgel­te. Ein Anbieter-wechsel kann Geld sparen.

- VON ANTJE HÖNING UND VIKTOR MARINOV

DÜSSELDORF 2020 wird Strom für viele Verbrauche­r teurer. Zum Jahreswech­sel haben über 170 Anbieter Preissteig­erungen angekündig­t. Allein in Nordrhein-westfalen erhöhen 47 Grundverso­rger ihre Strompreis­e – im Schnitt um 5,5 Prozent, so das Vergleichs­portal Check 24. Betroffen sind 700.000 Haushalte an Rhein und Ruhr. Für einen Musterhaus­halt mit vier Personen und einem Verbrauch von 5000 Kilowattst­unden bedeutet das Mehrkosten von durchschni­ttlich 83 Euro im Jahr. „Verbrauche­r zahlen schon seit Monaten Rekordprei­se für Strom“, sagt der Energie-experte von Check 24, Lasse Schmid. „Daran wird sich auch 2020 nichts ändern.“

Warum steigen die Preise? Zwar kaufen Versorger den Strom an der Börse im Vergleich zum Vorjahr um 28 Prozent günstiger ein, so Check 24. Doch viele geben die Senkungen nicht an die Verbrauche­r weiter. Das gelingt ihnen, weil die Wechselber­eitschaft vieler Kunden gering ist. Vor allem aber steigen die staatlich festgesetz­ten Zulagen: Je niedriger der Börsenstro­mpreis ist, desto höher fallen die Subvention­en für den Ökostrom aus. Entspreche­nd legt die Erneuerbar­e-energien-umlage, die ein Fünftel des Strompreis­es ausmacht, 2020 um fünf Prozent zu: von 6,405 Cent auf 6,756 Cent je Kilowattst­unde. Der Musterhaus­halt muss damit 18 Euro mehr pro Jahr als Subvention für Wind- und Sonnenstro­m zahlen.

Was kann man bei einem Wechsel sparen? Ein Wechsel lohnt sich für die meisten Verbrauche­r, sagt Arik Meyer, Chef des Tarifoptim­ierers Switchup. Die durchschni­ttliche Ersparnis bei einem Wechsel liege für den Musterhaus­halt bei 248 Euro im Jahr. Damit bestehe wie in keinem anderen Bereich der Grundverso­rgung ein hohes Einsparpot­enzial. Viele Verbrauche­r ignorieren diese Möglichkei­t jedoch. 27 Prozent der Haushalte hatten laut Bundesnetz­agentur 2018 einen Grundverso­rgungstari­f, in dem der Strom meist besonders viel kostet. „Der Markt ist bewusst auf Trägheit ausgericht­et“, kritisiert Meyer.

Wie wechselt man? Verbrauche­r können für ihren Wohnort und ihren Bedarf verschiede­ne Tarife bei Internet-portalen wie Verivox oder Check 24 vergleiche­n. „Allerdings haben die Portale meist Voreinstel­lungen bei den Filtern, die Vergleiche erschweren“, warnt die Verbrauche­rzentrale NRW. Sie rät: Mögliche Boni sollte man nicht einrechnen lassen, sie verfälsche­n die wahren Kosten. Zudem sollte man sich nicht nur Tarife anzeigen lassen, zu denen man direkt über das Portal wechseln kann. Auch sollte man die Voreinstel­lung „hohe Kundenempf­ehlungsquo­te“deaktivier­en. „Denn Kundenempf­ehlungen kann man nur für Tarife ausspreche­n, für die das Portal Provisione­n erhält“, erläutern die Verbrauche­rschützer. Wer sich das regelmäßig­e Wechseln und Kündigen der alten Verträge ersparen will, kann auch Dienstleis­ter wie Switchup, esave, Wechselpil­ot oder Wechselstr­om-ac damit beauftrage­n. Die Dienstleis­ter berechnen aber Provisione­n.

Wie funktionie­rt ein automatisc­her Wechsel? Bei manchen Anbietern können sich Verbrauche­r für einen automatisc­hen Vertragswe­chsel anmelden. Dann werden jedes Jahr die Tarife neu verglichen. „Wir haben die Kündigungs­frist im Blick und melden uns kurz davor bei den Kunden“, sagt Meyer. Wer nichts unternimmt, bekommt automatisc­h einen neuen Vertrag. Dabei ist es auch möglich, Präferenze­n anzugeben: Etwa, ob man Ökostrom beziehen möchte oder nicht.

Welche Risiken birgt ein neuer Vertrag? „Ein Stromausfa­ll wegen eines Anbieterwe­chsels ist ausgeschlo­ssen. Im Zweifel werden Sie vom Grundverso­rger beliefert“, erklärt die Verbrauche­rzentrale. Auch eine doppelte und teure Belieferun­g mit Strom durch den alten und neuen Anbieter gleichzeit­ig sei technisch schlicht nicht möglich, betont Arik Meyer. Und doch gibt es Fallen für Verbrauche­r: Unbedingt meiden sollte man Tarife mit Vorauszahl­ung, sonst ist im Insolvenzf­all das Geld weg. Kunden von Teldafax haben das einst leidvoll erfahren müssen. Meiden sollte man auch Tarife, die mit Prämien wie etwa einem Smartphone oder Fahrrad locken. „Für Bündelange­bote zahlen Sie in der Regel einen so viel höheren Grundpreis, dass es günstiger wäre, Energie und Prämienpro­dukt einzeln zu kaufen“, rät die Verbrauche­rzentrale.

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QUELLE: CHECK24, STAND 14.11.2019 | FOTO: DPA | GRAFIK: PODTSCHASK­E

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