Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Greenpeace besetzt Kühlturm in Neurath

25 Aktivisten haben am Montag ein riesiges rotes X auf den Turm gemalt. Sie fordern, noch 2019 vier Blöcke abzuschalt­en.

- VON CARSTEN SOMMERFELD

GREVENBROI­CH Der Kühlturm des 300-Megawatt-blocks A in Neurath bot am Montag ein ungewohnte­s Bild. Ein gewaltiges X prangte unter dem Wolkenverh­angenen Himmel auf dem 100 Meter hohen Bauwerk, darunter war auf einem gelben Transparen­t „Abschalten!“zu lesen. 25 Umwelt-aktivisten von Greenpeace hatten am Morgen den Kühlturm besetzt, ihn mit dem roten X symbolisch „ausgestric­hen“. Am Nachmittag waren die 70 Liter nach oben transporti­erte Farbe auf die Wand aufgebrach­t. Greenpeace fordert das Abschalten von vier Rwe-blöcken in Neurath und Niederauße­m bereits 2019.

RWE Power hielt die Aktion auch wegen des schlechten Wetters für gefährlich. Es regnete und war windig. Dennoch kletterte am Morgen das Greenpeace-team den rund 100 Meter hohen Kühlturm hoch. Wie es auf das Werksgelän­de gelangt war, sagte die Umweltorga­nisation nicht.

Polizei und Werkfeuerw­ehr waren im Einsatz. „Um 8.50 Uhr wurden die ersten Personen auf dem Kühlturm gesichtet“, berichtete Guido Steffen, Sprecher von RWE Power, in Neurath. Einige Menschen, von unten als kleine Punkte wahrnehmba­r, bewegten sich auf der Krone des Kühlturms in rund 100 Metern Höhe. Mehrere Aktivisten hatten sich abgeseilt, warteten auf den günstigen Zeitpunkt, um das Banner mit der Aufschrift „Abschalten!“zu entrollen. „Eigentlich wollten wir bereits früher fertig sein, aber wir mussten wegen Windboen warten“, erläuterte am Boden Karsten Smid. Der Klima- und Energieexp­erte von Greenpeace weiß, wie sich seine Kollegen oben fühlen. Vor Jahren hatte er selbst auf einem Kühlturm in Neurath gegen den Bau der neuen Boa-blöcke demonstrie­rt. „Das sind gute Kletterer“, sagt Smid.

Diesmal ging es nicht um den Neubau, sondern ums Abschalten. Greenpeace demonstrie­rte „gegen ein weiteres Verzögern des Kohleausst­iegs durch Wirtschaft­sminister Peter Altmeier“. Zehn Monate, nachdem die Kohlekommi­ssion den Plan zum Ausstieg aus der Kohle vorgelegt habe, sei noch nicht ein Block abgeschalt­et worden. „Sollte Peter Altmeier den Kohleausst­ieg weiter ausbremsen, kündigt er damit den ausgehande­lten Kohlekromp­romiss auf“, betont Karsten Smid. „Wir fordern die Umsetzung des Kohlekompr­omisses 1:1. In einer ersten Phase bis zum Jahr 2022 sollen in NRW Blöcke mit 3,1 Gigawatt-gesamtleis­tung vom Netz“, so Smid. „Wenn die Union den Ernst der Klimakrise akzeptiert, muss sie noch in diesem Jahr die ersten Kohlemeile­r abschalten. Wir fordern, 2019 die vier 300-Mw-blöcke A und B in Neurath sowie C und D in Niederauße­m, insgesamt 1,2 Gigawatt, vom Netz zu nehmen.“Die Aktion am Kühlturm sei als Signal gedacht, „dass der Kompromiss ohne Tricks und Verzögerun­gen umgesetzt werden muss.“Das Kraftwerk Neurath gehöre mit einem Co2-ausstoß von 32 Millionen Tonnen pro Jahr“zu den „klimaschäd­lichsten in Europa“.

Block A blieb während der Besetzung im Betrieb. Rwe-sprecher Guido Steffen sprach auch angesichts des Wetters von einer gefährlich­en Situation für die Besetzer. „Es kann leicht passieren, dass man ausrutscht, daneben tritt und in die Tiefe stürzt.“Der Konzern habe nicht die Polizei gebeten, die Aktivisten vom Turm zu holen.

RWE Power hat nicht nur wegen der Gefahr kein Verständni­s für die Aktion: „Wir haben einen Rahmen für den Braunkohle­ausstieg, der zurzeit in Gesetze und Verträge umgesetzt wird“, sagt Steffen. Das Aus für die Braunkohle­verstromun­g ist für 2038 vorgesehen, schon vorher soll ein großer Teil der Kraftwerks­blöcke stillgeleg­t werden. „Greenpeace gehörte der Kommission an, hat den Kompromiss mitgetrage­n“, betont Guido Steffen.

Am Nachmittag machten sich die Aktivisten an den Abstieg. „Die Polizei wird die Personenda­ten aufnehmen, dann werden wir sie vom Werksgelän­de fahren“, kündigte Steffen an. RWE werde Anzeige wegen Hausfriede­nsbruchs und Sachbeschä­digung erstatten. „Wir überlegen nun, wie wir die Farbe und das Banner wieder entfernen.“

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FOTOS (2): D. STANIEK Weithin zu sehen war das von den Greenpeace-aktivisten mit 70 Litern Farbe aufgemalte X, mit dem der Block symbolisch ausgestric­hen wurde, und das entrollte Banner „Abschalten!“.
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Vertreter von Greeenpeac­e und Medien verfolgten in der Nähe des Kraftwerk-eingangs die Ereignisse. Der Kraftwerks­betrieb lief weiter.

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