Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Geprägt für das Leben
In drei Dokus fragt Arte, wie es für Kinder ist, mit radikalem Gedankengut aufzuwachsen.
DÜSSELDORF (ry) Seit dem 16. und noch bis zum 22. November sendet Arte verschiedene Beiträge unter dem Motto „Menschenskinder!“. Anlass für diesen Programmschwerpunkt ist der 30. Jahrestages der Un-kinderrechtskonvention. Auch am heutigen Abend ist dies nicht anders, dabei geht es um Kinder, die unter Menschen mit radikalem Gedankengut aufgewachsen sind. Den Auftakt macht um 20.15 Uhr der Dokumentarfilm „Kleine Germanen“, dessen Untertitel „Eine Kindheit in der rechten Szene“schon preisgibt, worum es genau geht. Eine der Protagonistinnen des Films ist Elsa, die als Kind mit ihrem Opa Soldat gespielt hat. Mit dem ausgestreckten rechten Arm hat sie „Für Führer, Volk und Vaterland!“gerufen. Heute blickt sie auf eine Kindheit zurück, die auf Hass und Lügen gebaut war, und versucht, zu verstehen, was die Erziehung in einem rechtsradikalen Umfeld aus ihr und ihren eigenen Kindern gemacht hat.
Ausgehend von dieser authentischen Geschichte gewährt „Kleine Germanen“in einer spannenden Verbindung aus Animations- und Dokumentarfilm Einblicke in die Strukturen rechtsextremer Familien verschiedenster Ausprägung. Die Zuschauer erleben mit, was es heißt, in einem solchen Umfeld aufzuwachsen und tagtäglich dazu erzogen zu werden, das vermeintlich Fremde zu hassen. Wie ist es, in einer Welt aufzuwachsen, in der der Stolz auf die nationale Identität über allem steht? Und was wird aus diesen „kleinen Germanen“, wenn sie später einmal groß sind? Das Schicksal von Elsa und ihren eigenen Kindern ist nur ein Beispiel von vielen. Es gelingt ihr zwar der Ausstieg aus der rechtsradikalen
Szene, aber ihre Entscheidung hat dramatische Folgen. „Kleine Germanen“blickt über die traditionellen Strukturen rechtsextremer Gruppierungen hinaus in einen Teil der Mittelstandsgesellschaft, der immer stärker von rechtspopulistischen Strömungen unterspült wird, und konfrontiert den Betrachter mit den Protagonisten einer Ideologie, die ihre Kinder im Geist einer demokratiefeindlichen Welt erziehen.
Um 21.40 Uhr entführt „Of Fathers and Sons“dann nach Syrien. Der Film fragt, was in den Köpfen von Kindern und Jugendlichen geschieht, die von einem jahrelangen blutigen und zerstörerischen Krieg traumatisiert sind, ohne Hoffnung auf ein Ende und eine friedliche Zukunft. Was geschieht mit ihnen, wenn Eltern, Verwandte und andere Bezugspersonen Hass und
Rache predigen und vom Wunsch nach Vergeltung beseelt sind? Der Beitrag des in Berlin lebenden syrischen Filmemachers Talal Derki erzählt vom Alltag der Großfamilie des Rebellenführers Abu Osama und dessen beiden ältesten Söhne Osama und Ayman während des Krieges in Syrien. Die Familie lebt in einem Dorf im Nordwesten des Landes, nahe Idlib – einer Gegend, die von radikalen Salafisten dominiert wird. Die Islamisten der Al-nusra-front bilden Kinder und Jugendliche im Namen der Religion zu Kämpfern aus. Das Ziel: die Errichtung eines Kalifats, das die nächste und übernächste Generation auf ihren Schultern tragen und vollenden soll. Talal Derki und sein Kameramann sind Abu Osama und den Kindern sowie anderen Mitgliedern des Clans über mehr als zwei Jahre lang mit der Kamera gefolgt. Aufgrund des ihm gewährten exklusiven Zugangs gelang ihm ein einmaliger Einblick ins Innere einer salafistischen Familie und einer radikalislamischen Gruppe.
Zum Abschluss geht es um 23.20 Uhr in „Verlorene Seelen“um Täter und Opfer des IS, die nach der Befreiung Mossuls aus der Besetzung der Terrororganisation nebeneinander weiterleben – und die irakische Regierung hat die Verantwortung, sie gemeinsam in die Zukunft zu führen. Die Doku fragt: Was ist zu tun, um die Hunderttausende von Kindern zu retten, die drei Jahre lang unter dem IS aufgewachsen sind? Wie kann verhindert werden, dass diese der Nährboden für den Terrorismus von morgen sind?
Kleine Germanen / Of Fathers and Sons / Verlorene Seelen, ab 20.15 Uhr, Arte