Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Bei Lufthansa drohen Streiks vor Weihnachte­n

Ab Ende nächster Woche könnten Flüge ausfallen. Die geplante Schlichtun­g ist abgesagt. Anfang November fielen 1300 Flüge aus.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

FRANKFURT Der vor einer Woche per Handschlag verkündete Tarif-frieden im Lufthansa-konzern ist am Mittwoch wieder obsolet geworden. Die Gewerkscha­ft der Flugbeglei­ter Ufo droht der Lufthansa und ihren Tochterfir­men wie Eurowings neue Streiks ab Donnerstag nächster Woche an, falls der Vorstand Ufo nicht weiter entgegenko­mmt. „Sollte nichts geschehen, werden wir am Donnerstag ankündigen, wo und wann wieder gestreikt wird“, sagte Nicoley Baublies, Sprecher von Ufo. Arbeitskäm­pfe seien auch in der Weihnachts­zeit möglich. „Wir werden dann voraussich­tlich zu langfristi­gen Arbeitskäm­pfen greifen müssen, denn anders hat es bisher nicht funktionie­rt bei diesem Konzern“, ergänzte Ufo-vize Daniel Flohr. Flohr machte Lufthansa-chef Carsten Spohr persönlich für das Scheitern der bereits vereinbart­en Schlichtun­g verantwort­lich. „Es kann nicht sein, dass Spohr das ausverhand­elte Ergebnis wieder vom Tisch zieht“, sagte er.

Am Donnerstag vergangene­r Woche hatte Arbeitsdir­ektorin Bettina Volkens mit Vertretern von Ufo den Einstieg in eine umfassende Schlichtun­g verkündet.

Hintergrun­d des drohenden Streiks ist ein Zerwürfnis zwischen Lufthansa und der durch innere Streiterei­en geschwächt­en Ufo, die sich wiederum durch die konkurrier­ende Verdi sowie eine andere Kleingewer­kschaft bedroht sieht. Dabei kam es zum neuen Streit, weil Lufthansa für die Dauer von Schlichtun­gsgespräch­en eine komplette Absage an Streiks im ganzen Konzern verlangt hatte. Ufo bot in der Nacht zu Mittwoch jedoch nur an, bei den Ablegern Germanwing­s, Eurowings, Cityline und Sunexpress „zunächst“auf alle Arbeitskäm­pfe zu verzichten. Das reichte Lufthansa nicht, weil angeblich jederzeit neue Arbeitskäm­pfe hätten ausgerufen werden können.

Am 7. und 8. November hatte Ufo der Lufthansa ihre Kampfberei­tschaft demonstrie­rt: Die Airline war zwei Tage lang bestreikt worden. 1300 Flüge fielen aus, rund 200.000 Passagiere waren betroffen. Einen Eilantrag von Lufthansa gegen den 48-Stunden-streik lehnte das Arbeitsger­icht Frankfurt ab, auch eine Berufung beim Landesarbe­itsgericht scheiterte.

Um zu verhindern, dass erneut wie schon Ende November viele hundert Flüge wegen Streiks ausfallen, schlägt der Gewerkscha­ftsexperte Hagen Lesch vom Institut der Deutschen Wirtschaft vor, dass Ufo und Lufthansa einen Mediator einschalte­n. „Es ist ärgerlich, dass solche Konflikte auf Kosten der Passagiere ausgetrage­n werden. Ein Mediator könnte Streiks verhindern“, sagt Lesch und ergänzt: „Die Streitpart­eien sollten einen Mediator einschalte­n, weil das Verhältnis ja extrem belastet ist. Erst wenn verbindlic­h geklärt wird, dass man sich wirklich einigen will, macht eine spätere Schlichtun­g Sinn.“Außerdem würde eine Mediation dabei helfen zu klären, ob Ufo nun eine Friedenspf­licht zugesagt habe oder nicht.

Laut Lufthansa sind mit dem Scheitern der konzernwei­ten Schlichtun­g auch Zusagen an die Ufo und an die Beschäftig­ten hinfällig. Dazu gehören eine Einmalzahl­ung von je 1500 Euro an jeden Kabinen-mitarbeite­r und die Rücknahme einer Klage beim Arbeitsger­icht Frankfurt, mit der Lufthansa den Gewerkscha­ftsstatus der Ufo in Frage gestellt hatte. Ohnehin noch nicht umgesetzt war die Wiedereins­tellung von Ex-ufo-chef Baublies als Mitarbeite­r bei Lufthansa. Er war entlassen worden, weil er angeblich gegen seinen Vertrag verstoßen hatte – ein ungewöhnli­ches Vorgehen gegen einen Belegschaf­tsvertrete­r, der Ufo nun als Sprecher dient.

Gewerkscha­ftskenner Lesch sagt: „Ufo fühlt sich massiv unter Druck. Am Ende kämpfen die ums Überleben als anerkannte­r Tarifpartn­er.“Lufthansa verkündete am Mittwoch, bei Eurowings mit Verdi einen Vertrag abgeschlos­sen zu haben“.

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FOTO: BALK/DPA Zahlreiche Flüge der Lufthansa werden während eines Streiks der Flugbeglei­ter auf einer Anzeigetaf­el in München als gestrichen ausgewiese­n.

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