Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Die Bilanz von Löw in der Qualifikat­ion

Deutschlan­d beendet das Länderspie­ljahr 2019 mit einem 6:1-Kantersieg gegen Nordirland. Eine Bilanz.

- VON ROBERT PETERS

DÜSSELDORF Natürlich gab es noch eine kleine Ehrenrunde. Vom Rasen des Frankfurte­r Stadions wurde freundlich ins Publikum gewinkt, von den Rängen winkten die Fans nach dem 6:1 gegen Nordirland ebenso freundlich zurück. Beide Seiten hatten nach einem erfreulich­en Spiel und Platz eins zum Abschluss der Gruppenspi­ele in der Em-qualifikat­ion allen Grund dazu. Und dann war das Länderspie­ljahr 2019 für die deutsche Nationalma­nnschaft vorbei. Das erste Jahr des Umbruchs nach dem Absturz bei der WM 2018. Eine Bilanz.

Höhepunkt und Tiefpunkt. Die Dfb-auswahl hatte genau einen ernstzuneh­menden Gegner in der Qualifikat­ion: die Niederland­e. Vier Tage nach dem 1:1 gegen Serbien gewann Löws Mannschaft selbst für ihn überrasche­nd mit 3:2 in Amsterdam. Von Souveränit­ät war am Ende nichts mehr zu sehen. Das Rückspiel wurde zu einer kleinen Vorführung. Löws Elf ging in Hamburg zwar in Führung, aber sie fand gegen den fußballeri­sch überlegene­n Gegner nie zur Sicherheit. In der Verteidigu­ng fielen die Deutschen von einer Verlegenhe­it in die andere, Holland drückte seine Überlegenh­eit beim 4:2 noch gnädig aus. Man musste Böses befürchten.

Das Abwehrspie­l. Löw hat in einer auch im Rückblick bemerkensw­ert kurzen Reise nach München seine Weltmeiste­r-innenverte­idigung Jerome Boateng/mats Hummels entsorgt. Nach Hummels rufen immer noch viele, die teilweise bedenklich­e Abwehrleis­tungen in Qualifikat­ion und Testspiele­n erlebten. Selbst allenfalls zweitklass­ige Gegner offenbarte­n die Schwächen der deutschen Defensiv-akteure und deren Probleme in einem geordneten Aufbau. Weil niemand weiß, ob Niklas Süle bis zur Europameis­terschaft

rechtzeiti­g von seinem Kreuzbandr­iss genesen sein wird, ist Hummels immer noch eine Option – obwohl sich in Abwesenhei­t der meisten Stammspiel­er zum Beispiel der Mönchengla­dbacher Matthias Ginter zuletzt in den Vordergrun­d gespielt hat. Innen und außen fehlen trotzdem Spieler mit internatio­nal herausrage­nder Klasse und Erfahrung.

Löws Leistung. Der Beitrag des Bundestrai­ners ist noch nicht so richtig abzuschätz­en. Trotz der verkorkste­n WM, zu der er entscheide­nde Beiträge geleistet hatte, setzte ihn das Dfb-präsidium schnell (zu schnell?) wieder an die Spitze eines notwendige­n Umbaus. Bislang konnte Löw den Neuanfang lediglich moderieren, viele Verletzung­en machten es schwer, eine Kernmannsc­haft zu finden. Natürlich hat er das bei jeder Gelegenhei­t betont.

Zum wiederholt­en Mal in seiner schon recht langen Dfb-geschichte hat der Bundestrai­ner das Glück, aus einem erstaunlic­hen Angebot von Klassespie­lern zu schöpfen. Dafür kann er nichts, so wenig wie für die Verletzung­smisere, die das Team in den vergangene­n Wochen ereilt hat. Mit beiden Phänomenen muss er nur richtig umgehen und wieder die richtige Balance für seine Mannschaft finden. Ob ihm das wirklich gelingt, wird das kommende Frühjahr zeigen.

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FOTO: DPA Einmal umrühren: Serge Gnabry beim Torjubel.

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