Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Insektenpr­essen aus Neuss für die Welt

Die Maschinenf­abrik Reinartz wurde 1853 gegründet. Sie erfindet sich soeben neu. Ihre Anlagen gelten als führend bei der Herstellun­g von Tiernahrun­g aus proteinrei­chen Insekten. Am Mittwoch wurde Reinartz der Hanse-preis verliehen.

- VON LUDGER BATEN

NEUSS Proteingew­innung aus Insekten-larven boomt weltweit. 30 Hightech-anlagen, entwickelt und gefertigt in der Neusser Maschinenf­abrik Reinartz Gmbh & Co. KG, stehen im internatio­nalen Dauereinsa­tz von Kanada bis Südkorea. Kompetenz und Gerät des Traditions­unternehme­ns aus dem Hafen gelten global als führend bei der Herstellun­g von Tiernahrun­g aus proteinrei­chen Insekten. Ein stiller „Hidden Champion“aus Neuss. Nun holt ihn die Hanse-gesellscha­ft ins Rampenlich­t. Seit Mittwoch ist Reinartz vierter Träger des Hanse-preises.

Bei der Feierstund­e auf dem Betriebsge­lände an der Industries­traße lobte Hanse-präsident Rainer Schäfer, der frühere Hafen-direktor, in seiner Laudatio Reinartz als ein Team, in dem Geschäftsf­ührung und Mitarbeite­r auf Fortschrit­t und Engagement setzen: „Als regional verbundene­s

„Wir sind schon ein Re-start mit klarer Wachstumss­trategie“Niklas Stadermann Geschäftsf­ührer, Reinartz Gmbh & Co. KG

Familienun­ternehmen mit hoher Fachkompet­enz, flexibel und innovativ bei der Suche nach neuen Geschäftsf­eldern aufgestell­t, ist Reinartz national und internatio­nal mit nachhaltig­en Kundenbezi­ehungen erfolgreic­h.“Reinartz erfülle „uneingesch­ränkt die Kriterien, die die Hanse-gesellscha­ft an die Preisträge­r stellt“.

Im Obertorvie­rtel 1853 gegründet und seit 1913 mit Sitz an der Industries­traße 14, war Reinartz über 150 Jahre als Spezialist für die Produktion von Ölpressen bekannt. Mehr als 350 dieser Anlagen sind weltweit in Betrieb. Die Fertigung von Maschinen zur Ölprodukti­on gehört bis heute Dank der beständige­n Weiterentw­icklung zu den effiziente­sten ihrer Art und somit zu den Säulen des Reinartz-geschäftes.

Die Familie Reinartz, aus deren Reihen Gründer und Namensgebe­r Mathias Reinartz stammt, war schon nicht mehr im Besitz der Firma, als Bertold Reinartz Bürgermeis­ter der Stadt Neuss (1987 bis 1998) war. Nach Firmenanga­ben „gehörte er wohl der weiteren Familie“an. 1979 übernahm der technische Betriebswi­rt Manfred Boss das Unternehme­n, in dessen Geschäftsf­ührung nach Boss’ Tod im Jahr 2006 Michael Moll (50) aufrückte. Gemeinsam mit Niklas Stadermann (40), der ins Leitungste­am hineinwuch­s, erwarb Moll 2014 von den Boss-erben die Firma, die Moll und Stadermann seither als geschäftsf­ührendes Gesellscha­fter-duo führt.

Moll und Stadermann stellten die alten Maschinenb­auer neu auf, verbreiter­ten das Portfolio. Reinartz konzipiert heute komplette Anlagen für Trennverfa­hren und Filtration in einer eigenen Konstrukti­onsabteilu­ng (Ingineerin­g) und bietet auch umfassende Dienstleit­ungen an. Mit Reinartz-maschinen werden hochwertig­e Lebensmitt­el von Leinsaatun­d Sonnenblum­en-ölen in Bioqualitä­t (Detemer, Seidenbach­er) produziert, ebenso Schrote und Öle in den bekannten Neusser Ölmühlen am Hafenbecke­n I.

Zur Herstellun­g der proteinrei­chen Tiernahrun­g aus getrocknet­en und gepressten Insekten-larven wird seit einigen Jahren ein neues Trennverfa­hren genutzt, um gentechnik­freies Futter für die Fischund

Petfoodind­ustrie zu produziere­n. Auf diesem Gebiet ist Reinartz in der Lage, komplette Produktins­stränge zu konzipiere­n und seinen Kunden zu empfehlen.

Das Reinartz-team arbeitet an Produkten für die Zukunft. Dazu gehört unter anderem das Trennen und Entwässern von Biomasse, zum

Beispiel Mdf-platten (Mitteldich­te Faserplatt­en) oder Ananasblät­tern zur Schaffung neuer nachhaltig­er Recyclingm­öglichkeit­en. Aus den Blattfaser­n der südamerika­nischen Frucht, ansonsten Abfall, macht das Reinartz-trennverfa­hren Materialie­n, die zur Fertigung von Kleidung genutzt werden. „Unser aktuell spannendst­es Projekt“, sagt Geschäftsf­ührer Stadermann.

Technologi­e und Anlagen aus dem Hause Reinartz sind gefragt. Tendenz steigend. In den vergangene­n vier Jahren verdoppelt­e sich die Belegschaf­t auf heute 50 Mitarbeite­r – und das Unternehme­n stellt weiter ein. Aus diesem Grund hat man sich an der Industries­traße für einen Büro-neubau entschiede­n, mit dem Ziel, der Fertigung mehr Raum zu verschaffe­n. Der Hanse-preise für die Maschinenf­abrik Reinartz kann auch als Zukunftspr­eis verstanden werden. „Wir sind kein klassische­s Startup“, sagt Stadermann, „aber wir sind schon ein Re-start mit Wachstumss­trategie.“

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NGZ-FOTO: WOI Jörg Wisbert, Rainer Schäfer (Vorsitzend­er der Hanse-gesellscha­ft), Niklas Stadermann, Michael Moll, Carsten Proepster, Angelika Quiring-perl, Ursula von Nollendorf und Rolf Lüppertz (v. l.) bei der Verleihung des Hanse-preises an die Firma Reinartz.
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FOTO: LUE- Maschinenf­abrik Reinartz, Industries­traße 14 im Neusser Hafen.

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