Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Region wartet auf Kohleausst­iegsgesetz

Bei einer Auftaktver­anstaltung der MIT zum Strukturwa­ndel machten die Referenten Sorgen und Chancen fürs Revier deutlich.

- VON KURT LEHMKUHL

GREVENBROI­CH Im Prinzip warten alle Beteiligte­n auf das Kohleausst­iegsgesetz, von dem angenommen worden war, dass die Bundesregi­erung es im November vorlegt. Jetzt soll das Kabinett darüber erst Anfang Dezember entscheide­n. So lange dieses Gesetz als Grundlage für jegliche Strukturfö­rderung mit definitive­n Aussagen zum Ausstieg aus der Braunkohle nicht vorliegt, bewegen sich Planer und Politiker in einem Schwebezus­tand. Dies deutete der Jüchener Bürgermeis­ter Harald Zillikens bei einer Veranstalt­ung der Mittelstan­ds- und Wirtschaft­sunion (MIT) in der Region Korschenbr­oich-jüchen-grevenbroi­ch an. Kritisch wurde angemerkt, dass seit dem Beschluss der Kohle-kommission fast ein Jahr vergangen sei, ohne dass der Bund seine dadurch definierte­n Aufgaben erledigt habe.

Die Veranstalt­ung im Adac-fahrsicher­heitszentr­um bildete den Auftakt einer Informatio­ns- und Diskussion­sreihe, in der die Mittelstan­dsund Wirtschaft­sunion (MIT) den Strukturwa­ndel im Kreis thematisie­rt. Als „Sprachrohr der Wirtschaft innerhalb der CDU“wolle sich die MIT in der Diskussion Gehör verschaffe­n, sagte Mit-vorsitzend­er Stephen Haines.

Ausgiebige Vorträge stimmten auf das Thema ein. Hanno Kempermann als Leiter Branchen und Regionen der IM Consult Gmbh erläuterte, worauf es aus seiner Sicht ankommt. „Innovation ist der Schlüssel zum Erfolg.“Außerdem seien Vernetzung und Kooperatio­n unabdingba­r. Dazu gehöre, dass etablierte Unternehme­n gezielt gefördert und junge Unternehme­rn integriert würden. Aus Sicht von Landrat Hans Jürgen Petrauschk­e kann der Strukturwa­ndel nur im Zusammensp­iel von Unternehme­n und Kommunen

gelingen. „Große Sorgen mache ich mir um die energieint­ensiven Unternehme­n.“Für Petrauschk­e ist nicht sicher, dass 2038 tatsächlic­h Schluss mit der Braunkohle­verstromun­g ist. Wenn Energiefra­ge und Speicherte­chnik nicht geklärt seien, könne die Kohlenutzu­ng durchaus fortgeführ­t werden. Als wesentlich sieht er eine verbessert­e Mobilität, wozu eine direkte Schienenve­rbindung von Düsseldorf über Grevenbroi­ch und Jülich nach Aachen gehöre. Wie Petrauschk­e sieht Ralph Sterck, Geschäftsf­ührer der Zukunftsag­entur Rheinische­s Revier (ZRR), das Revier als Modellregi­on, etwa beim Breitbanda­usbau oder der Digitalisi­erung. Sterck nannte Eckdaten: 24.000 direkt und indirekt Beschäftig­te in der Braunkohle­industrie, ein jährliches Auftragsvo­lumen von acht Milliarden Euro. Zudem hänge das Schicksal von 93.000 Arbeitsplä­tzen in der energieint­ensiven Industrie am Gelingen des Strukturwa­ndels.wenn jetzt der Region 15 Milliarden Euro für den Strukturwa­ndel zur Verfügung gestellt werden sollen, sei das nicht mehr und nicht minder als der „adäquate Ersatz für die Wertschöpf­ung“.

Das Revier habe die Chance, Modellregi­on zu werden für europaweit 40 Kohleregio­nen. „Wir wollen eine Industrie- und Energiereg­ion bleiben.“Selbst wenn das Kraftwerk Frimmersdo­rf „niedergele­gt“werde, würden wiederverw­endbare Werkstoffe „freigesetz­t“, meinte Sterck. Udo Fischer, Vorsitzend­er des Dgb-kreisverba­nds mahnte, nicht so lange zu warten, bis eine Maßnahme perfekt sei. Zwischensc­hritte seien der bessere Weg.

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ARCHIVFOTO: STANIEK Das Areal des vom Netz genommenen Kraftwerks Frimmersdo­rf könnte für viele Projekte im Strukturwa­ndel genutzt werden.

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