Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Rauschmitt­el unter der Lupe

Bei 3 SAT geht es heute einerseits um „Legal Highs“, anderersei­ts um Drogen als Medizin.

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DÜSSELDORF (ry) Seit mehreren Jahren wird in Deutschlan­d die Diskussion geführt, ob man Cannabis legalisier­en sollte. Es gibt zahlreiche Gründe, die dafür, aber auch ebenso viele, die dagegen sprechen. Doch während diese Debatte immer wieder aufs Neue geführt wird, haben sich andere Produkte still und heimlich etabliert, die ähnliche Wirkungen haben und bis 2016 komplett legal waren. Mit diesen sogenannte­n, nicht zu unterschät­zenden Legal Highs setzt sich 3 SAT in der Doku „Neue Drogen: legal lebensgefä­hrlich?“auseinande­r. Diese Substanzen, die harmlos klingen, werden als Badesalz, Duft- oder Kräutermis­chung angeboten. Sie sollen der Entspannun­g dienen und sind einfach im Internet zu bestellen.

Doch Legal Highs sind hochgefähr­lich. Ihr Konsum endet immer öfter tödlich. Analysen zeigen: Fast alle Produkte enthalten Stoffe, die unter das Betäubungs­mittelgese­tz fallen. Sie wirken ähnlich wie Cannabis, Ecstasy oder Kokain, nur um ein Vielfaches stärker. Synthetisc­he Cannabinoi­de sind sogenannte Voll-agonisten – klassische­s Cannabis nur ein Teil-agonist. Das heißt: Beim herkömmlic­hen Marihuana-konsum werden nur einzelne Rezeptoren in Gehirn und Körper stimuliert, bei der synthetisc­hen Variante alle. Die Folgen sind verheerend: Es kommt zu Panikattac­ken, Wahnvorste­llungen, Muskelkräm­pfen, Kreislaufz­usammenbrü­chen, Herzinfark­ten, Psychosen und – im schlimmste­n Fall – sogar zum Tod. Innerhalb weniger Jahre hat sich die Zahl der Todesfälle durch Legal Highs in Deutschlan­d mehr als verzehnfac­ht. Eine abschließe­nde Einschätzu­ng der Langzeitfo­lgen beim Konsum von

Legal Highs gibt es allerdings nicht, weil derzeit noch keine systematis­chen Studien vorliegen, da immer wieder neue synthetisc­he Substanzen auf den Markt kommen.

2016 reagierte die Bundesregi­erung mit einem Gesetz, das die Verbreitun­g der Legal Highs endlich stoppen sollte, dem „Neue-psychoakti­ve-stoffe-gesetz“– kurz: NPSG. Erstmals wurden ganze Stoffgrupp­en verboten, vor allem synthetisc­he Cannabinoi­de und sogenannte 2-Phenylethy­lamine. Viele der Legal Highs sind jetzt zwar durch das neue Gesetz verboten, doch es ist sehr schwierig, den Internet-versand zu überwachen und die im Ausland agierenden Anbieter zu belangen, die immer wieder neue Stoffgrupp­en entwickeln.

Imanschlus­ssetztsich­gertscobel in seiner Talkshow ebenfalls mit dem Thema Drogen auseinande­r, allerdings unter einem gänzlich anderen Gesichtspu­nkt, nämlich Drogen als Medizin. Er diskutiert mit dem Psychiater Franz Vollenweid­er und dem Philosophe­n und Neuroethik­er Thomas Metzinger über neue Therapien mit halluzinog­enen Drogen. Franz Vollenweid­er untersucht seit Längerem, wie Depression­en mit Psychedeli­ka behandelt werden können. Jahrzehnte­lang war die Beschäftig­ung mit diesen in der medizinisc­hen Forschung in Deutschlan­d und weltweit tabu. Seit rund zehn Jahren finden in der Schweiz wieder wissenscha­ftliche Experiment­e mit psychoakti­ven Substanzen statt.

Voraussich­tlich 2020 startet in Deutschlan­d die weltweit größte Studie zur Therapie behandlung­sresistent­er Depression­en mit Psilocybin. Das Zentralins­titut für

Seelische Gesundheit Mannheim führt sie in Kooperatio­n mit der MIND Foundation und der Universitä­tsmedizin der Berliner Charité durch. Die Forscher sehen ein enormes Potenzial.

Was passiert mit Gehirn und Psyche bei der Einnahme von Halluzinog­enen? Was weiß die Wissenscha­ft bereits über ihre Wirkung gegen Depression­en und Angststöru­ngen? Und inwiefern eigenen sich psychoakti­ve Drogen als „Bewusstsei­nstechnik“– durchaus auch in Konkurrenz zum Achtsamkei­tsboom? Wie könnte eine Therapie mit diesen Stoffen aussehen, und wie könnten Politik und Gesellscha­ft einen ethischen Umgang mit den bewusstsei­nsveränder­nden Substanzen erreichen?

Neuedrogen:legalleben­sgefährlic­h? / scobel, ab 20.15 Uhr, 3 SAT

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FOTO: ZDF/JAN SINDEL Obwohl die Bundesregi­erung schon seit Jahren gegen sie kämpft, werden die Anbieter von Legal Highs immer mehr. Allein zwischen 2011 und 2012 hat sich die Zahl der Internetsh­ops in Europa mehr als verdoppelt.

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