Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Die Geschichte der Bienen
Mit jedem Tag, der verging, verlor ich Geld, mit jedem Tag ohne meine Magazinbeuten dort draußen in der Sonne zwischen den Blumen.
Ich schlug das Lenkrad stark ein, setzte zurück, bis ich halb am Pickup vorbei war. Dann lenkte ich gegen und fuhr weiter zurück.
Völlig schief. Ich stand halb auf dem Bürgersteig. Wieder raus. Eine ältere Frau kam vorbei und starrte mich an. Plötzlich fühlte ich mich wie ein Teenager, der gerade erst den Führerschein gemacht hat.
Ich wagte einen neuen Versuch, atmete tief durch. Ließ es ruhig angehen, riss das Lenkrad ganz herum, fuhr langsam zurück, lenkte gegen. Verflixt! Die Lücke war zu klein, das war das Problem. Ich verließ sie ganz und fuhr in Richtung des weiter entfernten Gemeinschaftsparkplatzes. Es war reine Faulheit, dass ich direkt vor der Bank hatte parken wollen, wir waren viel zu faul in diesem Land. Ich konnte doch genauso gut ein Stück gehen.
Im Rückspiegel sah ich einen großen Chevrolet heranrollen. Mit einer einzigen Bewegung glitt er in die viel zu enge Lücke.
Die Klimaanlagenluft schlug mir wie eine Wand entgegen, als ich die Tür zur Bank öffnete. Nach dem krisenhaften Vorfall mit der Parklücke zitterten meine Hände noch immer ein wenig, aber ich verbarg sie in den Hosentaschen.
Allison saß hinter ihrem Schreibtisch und klapperte wie immer eifrig auf ihrer Tastatur. Sie wusste sich wie eine Dame zu kleiden, trug eine frischgebügelte, geblümte Bluse zu ihrer sommersprossigen, jungen
Haut und ihren durch und durch grünen Augen. Sie sah rein aus und roch auch rein. Jetzt hob sie den Blick und lächelte ihr Zahnpastalächeln. »Hallo George, wie geht es dir?« Sie gab mir immer das Gefühl, ein wenig besonders zu sein. Als wäre ich ihr absoluter Lieblingsbankkunde. Mit anderen Worten, sie machte ihren Job gut.
Ich ließ mich auf dem Stuhl vor ihrem Schreibtisch nieder, setzte mich auf die Hände, um mein Zittern zu verbergen. Aber der türkisfarbene Wollbezug des Stuhls kratzte an den Handflächen. Also zog ich sie unter meinen Beinen hervor und legte sie auf meinen Schoß, wo ich sie schließlich stillhalten konnte.
»Lang ist’s her.« Ihre Zähne strahlten. »Ja, lange her.« »Ist alles gut bei Ihnen?« »Nicht so gut, wie es sein sollte.« »Oh nein, ja. Es tut mir leid. Ich habe davon gehört.« Das Perlenband verschwand hastig hinter den weichen, jungen Lippen.
»Aber ich hoffe, Sie können uns aus dem schlimmsten Schlamassel helfen«, erwiderte ich lächelnd.
Leider machte sie keine Anstalten, ihre Zahnpracht noch einmal vorzuführen, sie sah mich nur ernst an.
»Ich werde natürlich mein Bestes tun.«
»Ihr Bestes. Mehr kann ich gar nicht verlangen.« Ich lachte. Dann merkte ich, dass ich mich im Ton vergriffen hatte, und schob meine Hände wieder unter die Beine.
»Okay.« Sie wandte sich zum Bildschirm. »Dann lassen Sie uns mal sehen. Hier haben wir Sie schon.«
Sie schwieg. Betrachtete meine Kontobewegungen, deren Anblick sie anscheinend nicht gerade in Enthusiasmus versetzte.
»Woran hatten Sie denn gedacht?«, fragte sie.
»Tja. Es müsste wohl ein Kredit sein.« »Ja. Und wie viel?« Ich nannte die Summe. Die Sommersprossen auf ihrer Nase hüpften. Ihre Antwort kam ohne Zögern.
»Das bekomme ich nicht hin, George.«
»Du lieber Himmel. Können Sie es denn nicht zumindest mal durchrechnen?«
»Nein. Das kann ich sofort sagen. Dafür fehlt mir die Grundlage.« »Na gut. Können Sie mit Martin reden?«
Martin war ihr Chef. Ein konfliktscheuer Typ, also nicht gerade einer, der in eine Kneipenschlägerei verwickelt wurde. Die meiste Zeit hielt er sich in seinem verglasten Büro auf und kam nur ab und zu heraus, wenn große Summen beurteilt und genehmigt werden mussten, das wusste ich von Jimmy, der gerade ein Haus gekauft hatte. Jedes Mal, wenn ich ihn sah, hatte Martin weniger Haare. Ich schielte durch seine Glaswand. Sein Hinterkopf leuchtete mondartig im Schein der Deckenlampe.
»Das hat keinen Zweck. Glauben Sie mir«, sagte sie. Ein Kloß setzte sich beharrlich in meinem Hals fest. Sollte ich sie anbetteln? War es das, was sie wollte? Sie war fast zwanzig Jahre jünger als ich. Emma hatte öfter auf sie aufgepasst, als sie ein kleines Mädchen gewesen war. Zart wie eine kleine Fee, wer hätte gedacht, dass aus ihr einmal ein so harter Knochen werden würde? »Ehrlich, Allison.« »Aber George. Brauchen Sie wirklich so viel?«
Ich konnte nicht in die grünen Augen hinter dem Schreibtisch sehen.
»Der ganze Betrieb liegt lahm«, sagte ich leise in Richtung Boden. »Aber …« Sie schwieg eine Weile, grübelte. »Können wir nicht überlegen, wie wir ihn ohne größere Investitionen wieder in Gang bringen?«
Ich hätte am liebsten losgebrüllt, sagte jedoch nichts. Sie hatte keinen Schimmer von der Imkerei.
»Wo liegen denn Ihre Hauptausgaben?«
»In der Arbeitskraft. Ich muss meine Angestellten bezahlen, das wissen Sie doch!« »Ja, natürlich.« »Und dann gibt es die laufenden Ausgaben. Futter. Benzin. Solche Sachen.«
»Aber jetzt? Was sind das für Investitionen, die Sie unbedingt tätigen müssen?«
»Neue Bienenstöcke. Wir mussten viele verbrennen.« Sie kaute auf ihrem Kugelschreiber herum.
»Gut. Und was kostet ein Bienenstock?«
»Tja, es sind Materialkosten. Schwer zu sagen. Sie müssen gebaut werden.« »Gebaut werden?« »Ja. Ich baue sie von Grund auf. Jeden einzelnen. Abgesehen vom Königinnengitter.« »Königinnengitter?« »Ja, das muss zwischen… ach, vergessen Sie es.«
Sie nahm den Stift aus dem Mund. Oben hatten ihre Zähne Spuren hinterlassen. Wenn sie noch fester kaute, würde sie das Plastik durchbeißen und ihre weißen Zähne mit Tinte beschmieren. Das wäre etwas.