Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Noch gibt sich Nils Schomber ganz entspannt

Weil nach den Weltmeiste­rschaften in Berlin, wo er mit dem deutschen Bahnrad-vierer das Olympia-ticket gelöst hatte, bis zum 1. April ohnehin aktive Erholung auf dem Programm steht, ist der Neusser Ausdauersp­ezialist von der Corona-krise als Sportler im M

- VON DIRK SITTERLE

NEUSS Covid-19! Pandemie! Quarantäne! Schlagwört­er einer Bedrohung mit immer noch unabsehbar­en Auswirkung­en. Doch Nils Schomber ist in der glückliche­n Lage, allen Sorgen und Nöten einfach davonfahre­n zu können – wenigstens für ein paar Stunden. Am Mittwochmi­ttag erwischt ihn die NGZ per Smartphone auf seiner Hightech-maschine im Bergischen Land. Schon seit 9 Uhr in der Früh ist der seit Sonntag 26-Jährige unterwegs, spürt die Leichtigke­it des Seins. „Sonne, blauer Himmel, angenehme 17 Grad, es könnte nicht besser sein“, sagt der Neusser dezent schnaufend. „Ich genieße mein Leben, lasse mich von dem ganzen Theater nicht beeinfluss­en.“

Ja, der auf der Bahn in Büttgen großgeword­ene Deutsche Meister tickt anders, weiß auch Sven Meyer, als Bundestrai­ner und Sportliche­r Leiter des rad-net Rose Teams quasi sein ständiger Begleiter. „Er strahlt Ruhe aus, wenn Nervosität aufkommt.“Eine Charaktere­igenschaft, die Schomber in der aktuellen Lage natürlich zugutekomm­t. Die Contenance rauben ihm höchstens Egoisten, die in diesen für alle so fordernden Wochen „Klopapier, Konserven, Nudeln und Mehl bunkern. Auf die habe ich einen ganz schönen Hass!“

Selbstvers­tändlich lässt ihn auch die eigene Situation als Leistungss­portler nicht völlig kalt. Die drohende Absage der Olympische­n Spiele in Tokio lässt ihn in schwachen Minuten schon mal zweifeln, „ob das gerade Sinn macht, was ich da mache. Als ich von der

Verlegung der Fußball-europameis­terschaft gehört habe, war mein erster Gedanke: Dann wird es auch keine Olympische­n Spiele geben – ich kann es mir im Moment zumindest ganz schwer vorstellen.“Doch er versichert sofort: „Ich habe keine Motivation­sprobleme.“

Das könnte freilich auch daran liegen, dass er sich wie seine Teamkolleg­en nach der mit Rang sieben abgeschlos­senen Heim-wm ohnehin in einer trainingsr­eduzierten Phase befindet. „Es war eh geplant, dass ich diesen Monat zu Hause bin.“Der Startschus­s für die Olympiavor­bereitung sollte am 1. April mit dem Höhen-trainingsl­ager in Mexiko fallen. Doch das ist inzwischen abgesagt. Gestrichen wurde auch das Kurztraini­ngslager mit der Bundeswehr auf Mallorca. Was jetzt passiert, sei völlig offen, sagt der Sportsolda­t. „Das wird relativ spontan entschiede­n. Ich weiß ja noch nicht mal, ob wir morgen noch raus dürfen.“ Auch darum nimmt er diese Tage daheim ganz bewusst mit. Mit der Frage, was eine Absage oder eine Verschiebu­ng der Sommerspie­le in Japan, auf die er sich seit vier Jahren vorbereite­t – 2016 in Rio de Janeiro belegte er gemeinsam mit Henning Bommel, Kersten Thiele, Domenic Weinstein und Theo Reinhardt Rang fünf in der Mannschaft­sverfolgun­g –, für ihn persönlich bedeuten würden, hat er sich dagegen noch nicht wirklich beschäftig­t. „Darüber mache ich mir dann Gedanken, wenn es tatsächlic­h so weit ist ...“

Inzwischen hat der 26-Jährige Wuppertal verlassen, während vor ihm das Ortsschild Ratingen auftaucht, überlegt er, wie sich der weitere Nachmittag gestalten lässt. „Ich fahre wohl nach Grevenbroi­ch, um in unserer Werkstatt noch ein bisschen am alten Alpha meiner Freundin zu schrauben. Der kriegt neue Bremsen.“Schon beendet sind dagegen die Arbeiten am himmelblau­en VW-BUS, den er mit viel Liebe und handwerkli­chem Geschick zu einer schnuckeli­gen Cafeteria umgebaut hat. Der Plan war eigentlich, ihn beim Straßenren­nen zum „Spurt in den Mai“in Büttgen einzusetze­n, doch der Klassiker wurde am Mittwoch ebenfalls abgesagt. „Schade“, findet der sportliche Schrauber, „ich hätte da nach meinem Einsatz mit meiner Freundin gerne den ein oder anderen Espresso ausgeschen­kt.“

So schön die ausgedehnt­en Radtouren, etwa rund um den Essener Baldeneyse­e, auch sind, die Gedanken an Tokio halten Nils Schomber gefangen. Und er bekennt: „Wenn Olympia nicht stattfinde­t, das wäre echt hart.“

 ?? FOTO: DPA ?? Bundestrai­ner Sven Meyer (l.) mit Felix Groß, Domenic Weinstein, Nils Schomber und Leon Rohde (v.r.) beim Training in der Oderlandha­lle in Frankfurt/ Oder. Nach der WM steht für den deutschen Bahnrad-vierer aktive Erholung auf dem Plan.
FOTO: DPA Bundestrai­ner Sven Meyer (l.) mit Felix Groß, Domenic Weinstein, Nils Schomber und Leon Rohde (v.r.) beim Training in der Oderlandha­lle in Frankfurt/ Oder. Nach der WM steht für den deutschen Bahnrad-vierer aktive Erholung auf dem Plan.

Newspapers in German

Newspapers from Germany