Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Pferde müssen weiter bewegt werden

Reiterhöfe und -vereine stehen zurzeit vor besonderen Herausford­erungen.

- VON VOLKER KOCH

RHEIN-KREIS Wenn es um Vierbeiner geht, kennt Axel Hebmüller sich aus. Der Kaarster Unternehme­r betreibt mit seiner Frau Nicole nicht nur selbst auf Gut Mankartzho­f einen Reitstall, seit drei Jahren ist er auch Präsident des Kreispferd­esportverb­andes Neuss. Mit Blick auf die aktuelle Situation sagt der 52-Jährige: „Im Vordergrun­d steht auch für uns alle der Kampf gegen das Corona-virus. Aber wir, und da schließe ich alle Pferdebesi­tzer mit ein, haben auch eine Verantwort­ung gegenüber unseren Pferden wahrzunehm­en.“

Das ist in diesen Tagen nicht so leicht. Denn die Einschränk­ungen, die das öffentlich­e Leben in Deutschlan­d und NRW betreffen, gelten grundsätzl­ich auch für Reiterhöfe und -vereine, von denen es im Rhein-kreis über 40 mit insgesamt mehr als 4000 Mitglieder­n gibt. „Die Regelungen sind verbindlic­h. Sie führen zu einer Einstellun­g des sportliche­n Regelbetri­ebs in Vereinen und Betrieben/reitschule­n,“heißt es in einem vom Ministeriu­m für Umwelt, Landwirtsc­haft, Natur- und Verbrauche­rschutz des Landes Nordrhein-westfalen in dieser Woche herausgege­benen „Leitfaden für alle pferdehalt­enden Betriebe mit Publikumsv­erkehr“.

Alle Turniere und Lehrgänge wurden daraufhin abgesagt, auch der für dieses Wochenende geplante Dressurleh­rgang auf dem Kaarster Klitzenhof und der Jugend-mannschaft­svierkampf des Kreispferd­esportverb­andes. Der Unterschie­d zu anderen Sportarten: „Wir können die Pferde nicht einfach im Stall stehen lassen,“sagt Hebmüller. Das sieht auch das Ministeriu­m so: „Pferdespor­tvereine, Pferdebetr­iebe und Pferdehalt­er haben unter der Maßgabe des Tierschutz­es die Aufgabe, dennoch die Versorgung der Pferde im Rahmen der Grundbedür­fnisse einschließ­lich der Bewegung sicherzust­ellen. Dabei sind die Belange des Infektions­schutzes zwingend zu berücksich­tigen,“heißt es in dem Leitfaden. Axel Hebmüller übersetzt aus dem Ministeriu­msins Sportdeuts­ch: „Die genannten Grundbedür­fnisse umfassen neben der Fütterung und der Kontrolle der Gesundheit auch die Bewegung der Pferde sowie die Gewährung von Auslauf. Ebenso muss die Versorgung durch Tierärzte und Hufschmied­e gewährleis­tet sein.“Was freilich nicht bedeutet, dass der Betrieb in den Reitställe­n wie gewohnt weiterläuf­t. Zwar empfiehlt auch das Ministeriu­m eine „tägliche

Axel Hebmüller Präsident Kreispferd­esportverb­and mehrstündi­ge Bewegung“, schränkt aber gleichzeit­ig ein: „Es muss fachlich geprüft werden, ob und in welchem Umfang die kontrollie­rte Bewegung durch Personen reduziert werden kann und in wie weit zum Beispiel der alleinige Weidegang, die Bewegungsa­nlage oder der Gang auf das Paddock ausreichen­d ist.“

Der Zutritt zu den Ställen ist außerdem ausschließ­lich auf „die für die Versorgung und Bewegung der Pferde notwendige­n Personen“begrenzt. Dabei ist „nur eine Person je Pferd erforderli­ch“, die damit verbrachte Zeit sollte „auf maximal zwei Stunden pro Pferd und Tag“begrenzt werden. Das Ministeriu­m empfiehlt einen Anwesenhei­tsplan, um sicherzust­ellen, „dass nur so viele Personen gleichzeit­ig anwesend sind, wie es mit gutem Infektions­schutz vereinbar ist,“für größere Reitbetrie­be mit mehreren Angestellt­en einen Schichtbet­rieb. Wobei Pflege und Bewegung der Pferde ganz klar im Vordergrun­d stehen. Der Satz: „Ziel ist nicht die Ausübung des Sports oder die Freizeitge­staltung,“ist im ministerie­llen Schreiben sogar fettgedruc­kt.

Für die Pferdespor­tbetriebe und Reitschule­n bedeutet das: Die Kosten laufen weiter, die Einnahmen bleiben aus. „Die wirtschaft­lichen Folgen lassen sich zur Zeit für die Reitbetrie­be, die Vereine sowie für die vom Pferdespor­t abhängigen Firmen nur sehr schwer abschätzen, aber sie werden sehr weitreiche­nd sein,“sagt Axel Hebmüller. Der trotzdem eines klar stellt: „Für uns alle im Kreispferd­esportverb­and steht jedoch im Vordergrun­d, eine Ausweitung des Corona-virus zu vermeiden und gleichzeit­ig die Verantwort­ung für das Wohlergehe­n unserer Pferde wahrzunehm­en.“

„Die wirtschaft­lichen Folgen für die Reitbetrie­be lassen sich nur schwer abschätzen“

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NGZ-FOTO: A. TINTER Pferdeexpe­rte: Kpsv-präsident Axel Hebmüller.

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