Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Pflegedien­ste schlagen Alarm

Die Ressourcen an Desinfekti­onsmitteln, Schutzmask­en und -kitteln neigen sich rasant dem Ende. Vor allem ambulante Pflegedien­ste fühlen sich im Stich gelassen. Tages- und Nachtpfleg­eeinrichtu­ngen sind mittlerwei­le geschlosse­n.

- VON SIMON JANSSEN

NEUSS Julia Herdt benötigt nur wenige Worte, um die aktuelle Stimmungsl­age zu beschreibe­n „Wir sind sehr verängstig­t“, sagt die Pflegedien­stleiterin der „Häuslichen Krankenpfl­ege Hellendahl“an der Adolf-flecken-straße. Die bitter nötigen Ressourcen an Desinfekti­onsmitteln, Schutzmask­en und Co. nehmen von Tag zu Tag ab. Ein großes Problem: Sollte es einen Infizierte­n unter den Klienten geben, dann sind die Pflegedien­ste verpflicht­et, sich um diesen zu kümmern. „Das geht aber momentan nicht, weil es keine Masken gibt. Es herrscht Ausnahmezu­stand“, sagt Julia Herdt. Auch beim Thema Desinfekti­onsmittel verweise der Landesverb­and an die örtlichen Apotheken. „Die fordern bei selbstgemi­schtem Desinfekti­onsmittel aber sechs Euro für nur 50 Milliliter. Diese Menge reicht teilweise nur für eine Tour“, sagt die Pflegedien­stleiterin. Beim Lieferante­n habe man schon vor zwei Monaten neues Mittel bestellt, bislang ohne Erfolg.

Auch Pflegedien­stleiter Friedemann Anger vom „Pflegedien­st Maria Schraermey­er Matthias Lebe“macht in diesen Tagen zahlreiche Telefonate, „die zu rein gar nichts führen“, wie er sagt. Bei vielen Lieferante­n habe er nachgefrag­t, um vor allem an Schutzmask­en, -kittel und Co. zu kommen, die beim Umgang mit einem Infizierte­n notwendig sind, „aber momentan ist das unmöglich“, sagt er.

Ähnliches berichtet Alexandra Weynand, Geschäftsf­ührerin der „Mobile Pflegeexpe­rten Neuss Gmbh“. Mehrere Stunden verbringt sie täglich im Internet, um vorrätige Schutzmask­en zu finden – vergeblich. „Viele können erst ab Juni oder Juli wieder liefern“, sagt sie. Man habe zwar noch einen kleinen Vorrat an Desinfekti­onsmittel, „aber wenn der ausgeht, haben wir ein Problem“, sagt Alexandra Weynand.

Doch auch in Seniorenhe­imen ist man derzeit „unter Starkstrom“, wie Detlef Höyng, Geschäftsf­ührer im St.-hubertusst­ift, sagt. Zwar sei man unter anderem durch Norovirus-fälle in der Vergangenh­eit „kampferpro­bt“, doch sollte es tatsächlic­h soweit kommen, dass sich mehrere Bewohner mit dem Coronaviru­s infizieren, würde das Team vor großen Herausford­erungen stehen. „Dann müssten auch wir uns ans Gesundheit­samt wenden und nach weiteren Schutzmask­en fragen“, sagt Höyng.

Um die Taktik für die kommenden Tage und Wochen zu besprechen, fand am Donnerstag in Grevenbroi­ch ein Treffen mit Vertretern von ambulanten Pflegedien­sten und dem Rhein-kreis statt. Das Ergebnis: Kurzfristi­g soll ein Prozess erarbeitet werden, wie Personen, die ambulant gepflegt werden, schneller auf Corona getestet werden können. Zudem sollen Kräfte, die einen Menschen mit Symptomen pflegen, schneller mit den nötigen Schutzmate­rialien ausgestatt­et werden – soweit verfügbar.

Starke Einschränk­ungen gibt es seit Donnerstag beim Thema Tages

und Nachtpfleg­e. Sämtliche Einrichtun­gen sowie vergleichb­are Angebote dürfen zunächst bis zum 19. April nicht mehr genutzt werden. Dazu zählen auch Bildungsei­nrichtunge­n für berufsvorb­ereitende und ausbildend­e Maßnahmen, die sich an Menschen mit Behinderun­gen richten. Ausgenomme­n sind Nutzer, die im eigenen häuslichen Umfeld untergebra­cht sind und deren Betreuungs- oder Pflegepers­on eine unverzicht­bare Schlüsselp­erson ist. Die Pflege beziehungs­weise Betreuung erfolgt allerdings nur, sofern eine private Betreuung insbesonde­re durch Familienan­gehörige oder die Ermöglichu­ng flexibler Arbeitszei­ten und Arbeitsges­taltung nicht gewährleis­tet werden kann.

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NGZ-FOTO: WOI Julia Herdt, Pflegedien­stleiterin der „Häuslichen Krankenpfl­ege Hellendahl“, fordert mehr Unterstütz­ung. Vor allem bei Schutzmask­en herrsche eklatanter Mangel.

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