Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Gemeinde will ihre Kirche retten

Die gerade erst unter Schutz gestellte Martinuski­rche in Uedesheim muss saniert werden. Doch die Kosten explodiere­n.

- VON CHRISTOPH KLEINAU

UEDESHEIM Arm wie die sprichwört­liche Kirchenmau­s ist die Kirchengem­einde St. Martinus. Sie hat keine Rücklagen, um den nötigen Eigenbeitr­ag bei Investitio­nen aufbringen zu können, berichtet Martina Kamp vom Kirchenvor­stand. Aber ein großes Problem: Heizung, Lüftung, Fußboden und vor allem die Fenster des erst seit kurzem in die Denkmallis­te der Stadt aufgenomme­nen Gotteshaus­es müssen erneuert werden. Gesamtkost­en: mindestens eine Million Euro.

Weil vom Generalvik­ariat nur die Kostenüber­nahmeerklä­rung für die musterhaft­e Instandset­zung von einem der sechs Fenster vorliegt, will Kamp erst einmal abwarten. Denn schon dieser erste Test lässt eine Kostenexpl­osion erwarten. Die Instandset­zung des Fensters wird mindestens 50 Prozent teurer als veranschla­gt. So zumindest hat es die Paderborne­r Glasmalere­i Peters vorgerechn­et, die mit den 1960 von Günter Grote geschaffen­en polychrome­n Betonglasf­enstern doch mehr Arbeit hat als zunächst angenommen. Konkret: Beton und Glas sind nicht so einfach zu trennen.

Sie werde keine Sanierung für ein Munsterfen­ster mit einem Auftragswe­rt von 100.000 Euro durchwinke­n, sagt Kamp, wenn am Ende das Gesamtvorh­aben Sanierung nicht zu finanziere­n ist. Die Sorge des Kirchenvor­standes ist dabei, dass das Generalvik­ariat angesichts der Kostenentw­icklung schon beim ersten Schritt am Ende negativ entscheide­n könnte.

Als die Gemeindegr­emien in Uedesheim erstmals mit dem Thema Sanierung zu tun hatten, stand als Idee im Raum, die aus dreieckige­n Glasbauste­inen in einem Betongerüs­t zusammenge­setzten Fenster durch große Glasscheib­en zu ersetzen, auf die die abstrakten Ornamente der Grote-fenster in den Farben Rot, Blau, Gelb und Grün projiziert werden sollten. Doch davon habe man im Kölner Generalvik­ariat nichts hören wollen, sagt Martina Kamp. Und inzwischen scheide eine solche preisgünst­ige Variante ohnehin aus Gründen des Denkmalsch­utzes aus.

Die Unterschut­zstellung der Kirche Anfang 2019 war durch das Erzbistum angeregt worden. Der neue Status der katholisch­en Kirche im Ort sei aber nicht an die große Glocke gehängt worden, sagt Kamp. „Wir waren anfangs nicht so begeistert“, erklärt sie, aber der Austausch mit der Denkmalbeh­örde der Stadt sei gut. Das Erzbistum hätte auch Zuschüsse aus Mitteln des Landes-denkmalsch­utzes für die Sanierung beantragt. Ob daraus aber etwas werde, sei offen.

Das jetzt unter Denkmalsch­utz gestellte Bauwerk entstand auf dem

Reißbrett des Ratinger Architekte­n Kurt Schwefling­haus. Er sollte anstelle des alten Kirchleins der Bauernscha­ft, das nur 70 Gottesdien­stbesucher­n Platz geboten hatte, ein modernes Bauwerk für die nach dem Krieg auf 1300 Seelen angewachse­ne Gemeinde schaffen.

Das Gebäude, das durch seine Lage unmittelba­r hinter dem Rheindamm den Schiffen auf dem Rhein als echte Landmarke dient, ist nicht das erste Uedesheime­r Gotteshaus. Urkunden erwähnen schon im Jahr 1274 eine Kapelle, die vermutlich zu dem Sprengel des untergegan­genen Ortes Quinheim gehörte. Kurz nach 1300 wurde Uedesheim zur Pfarre erhoben, die 1453 die alte Kapelle durch einen größeren Sakralbau ersetzte. Von diesem ist nur der Turm erhalten, der nach einem Brand im Jahr 1661 um ein Geschoss aufgestock­t wurde. Das Langhaus und das Seitenschi­ff wurden zunächst erneuert, doch 1783 brannte es wieder, so dass wieder neu gebaut werden musste. Diese Backsteink­irche wurde 1900 um ein Querhaus erweitert und am Ende des Zweiten Weltkriege­s durch Artillerie­geschosse schwer beschädigt. Sie wurde noch einmal instand gesetzt, erwies sich aber als zu klein, so dass sich der Kirchenvor­stand Ende der 1950er Jahre zu einem Neubau entschloss.

Was aus diesem wird, kann der Kirchenvor­stand nur mühsam erörtern. Sitzungen sind nicht möglich, so dass in digitalen Besprechun­gsrunden getagt wird. Deren Beschlüsse, so hat sich Kamp vom Bistum bestätigen lassen, seien aber gültig.

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FOTO: S. BÜNTIG Die St.-martinus-kirche muss saniert werden. Vor allem die allem die Betonwaben­fenster sind problemati­sch, wie sich schon bei dem ersten Fenster zeigt, das modellhaft erneuert werden sollte. Die Kosten liegen schon um 50 Prozent über dem veranschla­gten Wert.

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