Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Varius schließt alle Werkstätten
Wegen des Coronavirus: 700 Menschen mit Behinderung müssen zu Hause bleiben.
HEMMERDEN Die Varius-werkstätten haben am Donnerstag alle Betriebe in Grevenbroich und Umgebung geschlossen. 700 Menschen mit Behinderung müssen bis auf weiteres zu Hause bleiben. Ein großer Teil der Mitarbeiter habe Vorerkrankungen und trage im Zusammenhang mit dem neuartigen Coronavirus ein besonderes Risiko, sagt Geschäftsführer Wilfried Moll.
Die Werkstätten machen jährlich einen Umsatz von rund vier Millionen Euro. „Wir müssen versuchen, unsere Kunden zu halten und sämtliche Aufträge abzuarbeiten“, sagt Moll. Das bedeutet für die übrigen etwa 170 Varius-angestellten: Hand anlegen, um in schwierigen Zeiten den Betrieb aufrecht zu erhalten. Erziehungspfleger werden etwa in den Bereichen Verpackung und Montage eingesetzt, Arbeitspädagogen werden in der Metallverarbeitung tätig. „Ich sehe da eine sehr hohe Bereitschaft“, sagt Moll, der sich „über eine tolle Solidarität und Kollegialität“freut.
Verheerend sei allerdings die Situation für die von Varius eingesetzten Fahrdienste. Sie bringen täglich einen großen Teil der behinderten
Menschen zur Arbeit und wieder zurück in ihre Wohnungen – diese Fahrten fallen nun aus. „Für diese Firmen ist das existenzbedrohend“, sagt Moll. Sollten Fahrdienste wegen der Corona-krise in die Pleite rutschen, sei das auch fatal für Varius: „Irgendwann öffnen wir wieder – und die Mitarbeiter hätten keine Möglichkeit, in die Werkstatt zu kommen“, schildert Moll.
Der ministerielle Erlass zur Schließung erreichte Varius am Montagabend. Den Dienstag nutzte das Unternehmen, um etwa die Eltern der Mitarbeiter zu informieren. In bestimmten Fällen wird die Werkstatt eine Betreuung anbieten – etwa für Menschen mit psychischer Beeinträchtigung, die eine Tagesstruktur benötigen. Da etwa die Hälfte der 700 Beschäftigten in betreuten Wohnungen leben, komme auf deren Träger ein erhöhter Betreuungsbedarf zu, schildert Wilfried Moll. „Auch hier werden wir mit unseren Angestellten unterstützend tätig werden“, sagt er.
Betroffen von der Schließung sind die vier Werkstätten in Hemmerden und im Industriegebiet Ost sowie die Zweigstelle in Deelen. Die Heißmangel am Hammerwerk nimmt keine neuen Körbe mehr an, in Auftrag gegebene Wäsche kann dort aber noch abgeholt werden.