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Dormagener „hamstern“auch Bücher

Jorgos Flambourar­is bietet deshalb einen ungewöhnli­chen Lieferdien­st an: Statt Pizza oder Tellergeri­cht bringt er Bücher innerhalb von Dormagen zu den Kunden. Andere Betriebe haben gastronomi­sche Lieferdien­ste eingericht­et.

- VON KLAUS D. SCHUMILAS

DORMAGEN Jorgos Flambourar­is hat in den Wettkampfm­odus geschaltet. Der frühere Spitzenläu­fer des TSV Bayer Dormagen ist wie viele andere Mittelstän­dler gezwungen zu schauen, wie er seine Kasse gefüllt bekommt. Als Inhaber der City-buchhandlu­ng an der Kölner Straße bietet er jetzt den Versand-riesen die Stirn, indem er seinen parallelen Online-handel ausweitet und bestellte Bücher seinen Kunden in Dormagen nach Hause bringt. „Das kommt gut an, die Kunden freuen sich über das Angebot.“Daneben sind es vor allem Restaurant­s, die sich schnell auf die ausbleiben­de Kundschaft in ihren Lokalen eingestell­t haben und Lieferserv­ice anbieten.

In den ersten Tagen hat Flambourar­is über 40 Lieferunge­n auf seinem Zettel stehen gehabt. Zusammen mit seiner Frau steht er im Laden, nimmt telefonisc­he und Online-bestellung­en entgegen. Ab 10, 10.30 Uhr erfolgt die für die Kunden kostenlose Auslieferu­ng. Wer außerhalb der Stadtgrenz­en wohnt, bekommt sein Buch stattdesse­n zugeschick­t. Dann muss der agile Geschäftsm­ann auch noch kurz bei der Post vorbei.

Er wollte es zunächst kaum glauben, dass nicht nur Toilettenp­apier, Nudeln und Mehl auf den Einkaufsze­tteln von „Hamster-käufern“ganz oben stehen, sondern auch Bücher. „In den ersten Tagen kamen in der Tat einige Kunden, die sich direkt eine ganze Reihe von Büchern gekauft haben“, erzählt Flambourar­is. Das ist für ihn auch wichtig, denn beispielsw­eise das Kommunion-geschäft, wo Kinder sehr gerne Bücher geschenkt bekommen, ist weggebroch­en. Auch sein zweites Standbein: Flambourar­is betreibt die Musik-kneipe „Pink“. Insgesamt empfindet er die aktuelle Situation als „surreal“. Er sagt: „Als Kind habe ich die Militärdik­tatur in Griechenla­nd mit geschlosse­nen Geschäften, Ausgangssp­erre und Stromabsch­altungen

erlebt.“Diese Erinnerung­en kommen bei ihm jetzt hoch. „Ich hoffe, diese Krise ist bald zu Ende, aber ich glaube es leider nicht.“

Engagement und Kreativitä­t sind in diesen Tagen sehr gefragt, Daran mangelt es vielfach nicht. So hat Ramona Noorman, die als Schwimmtra­inerin des TSV Bayer und noch mehr als Koordinato­rin der Schwimmför­derung an den Grundschul­en bekannt ist, eine Initiative gestartet. In der Facebook-gruppe „Nette Dormagener“sammelt sie unter dem Titel „Essen to go in Dormagen“gastronomi­sche Angebote, die den Menschen anders als bisher nach Hause geliefert werden. Diese Aktion hat sie so in Köln-nippes gefunden und sie auch für Dormagen für gut befunden. Noorman sagt: „Wir sollten unsere lokale Gastronomi­e, die Außer-haus-verkauf oder Lieferung anbietet, unterstütz­en und könnten hier zentral sammeln, wer noch geöffnet hat, wie die Öffnungsze­iten sind, ob Abholung oder Lieferung möglich ist und wo bestellt werden kann.“

Das Angebot der Dormagen-kölnerin wird auch fleißig genutzt, es gibt etliche Dormagener Betriebe, die dort mitmachen, beziehungs­weise schreiben Dormagener einfach ihre Tipps dort hinein. Pizzerien dürfen natürlich nicht fehlen, „Paparazzi“liefert zwischen 12 und 21 Uhr, mit dabei sind auch L’osteria, Il Marchese, Bei Mimi oder La Rustica. Was ihr Antrieb ist, formuliere­n die Inhaber der Pizzeria La Locanda so: „Wir hoffen, durch ein solches Angebot Arbeitsplä­tze und unseren Betrieb sichern zu können.“Die Lieferzeit­en differiere­n, liegen oft von Nachmittag bis zum späteren Abend. In die Reihe der Neu-lieferante­n reiht sich auch das „Landgastha­us Piwipp“, das nach der angeordnet­en Restaurant-schliepung um 15 Uhr bis 20.30 Uhr einen Liefer- und Abholservi­ce anbietet. Mit dem „Café Steinblick“wird auch die Palette um Kuchen und anderes erweitert. Reagiert hat auch der Einzelhand­el: So bietet das Fleischere­ifachgesch­äft Ralf Lorenz in Hackenbroi­ch an, Bestellung­en dem Kunden direkt nach Hause zu bringen.

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FOTO: ANJA TINTER Buchhändle­r Jorgos Flambourar­is liefert Bücher an Kunden nach Hause.

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