Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Spielmanns­züge stellen Vereinsleb­en nahezu ein

Auftritte und Proben müssen wegen des Coronaviru­s abgesagt werden: Die Tambourkor­ps stehen vor einer ungewissen Zukunft.

- VON JAN LUHRENBERG

GREVENBROI­CH Die Tambourkor­ps in der Stadt haben mit den Auswirkung­en des Coronaviru­s zu kämpfen. Wie bei allen anderen Vereinen und Freizeitak­tivitäten auch steht das Vereinsleb­en nahezu komplett still. An Auftritte oder gar Proben ist derzeit nicht zu denken. Einige Spielmanns­züge werden deshalb kreativ, um für die Zeit nach dem Kontaktver­bot gewappnet zu sein.

„Wir wissen nicht, wie es weitergeht“, sagt Helmut Deckmann, Vorsitzend­er vom Tambourkor­ps „Erftklänge“1980 Gustorf-gindorf. „Derzeit ist an ein gemeinsame­s Üben nicht zu denken.“Vor drei Wochen habe das Korps den allwöchent­lichen Übungsaben­d abgesagt. Die Kontaktspe­rre trifft die Musiker-truppe zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt: Eigentlich sollten bis zur Saison zwei neue

„Viele Mitglieder sind enttäuscht, weil die Auftritte der Lohn des langen Übens sind“

Helmut Deckmann Tambourkor­ps „Erftklänge“

Märsche eingeübt werden. Dafür trainieren Trommler und Flötisten nun zunächst getrennt, bevor nach einigen Wochen zum Spielen wieder zusammenko­mmen wollen.

Das ist derzeit nicht möglich. „Die Noten sind verteilt, die Mitglieder sollen zuhause am Ball bleiben“, sagt Deckmann. Heutzutage gebe es die Möglichkei­t, sich Videos im Internet anzuhören und die Noten dann nachzuspie­len. Es wird noch dauern, bis beim Tambourkor­ps Gustorf-gindorf wieder Alltag einkehrt. Schließlic­h sind auch viele Auftritte des Tambourkor­ps offiziell abgesagt worden. „Es werden wahrschein­lich noch einige folgen“, sagt Deckmann. „Viele Mitglieder sind nun natürlich enttäuscht, weil die Auftritte der Lohn des langen Übens sind.“

Auch beim Tambourkor­ps Elsen-fürth gibt es Einschränk­ungen. Seit über zwei Wochen ist der Trainingsb­etrieb eingestell­t. Die Turnhalle

in Orken, in der das Korps regelmäßig probt, ist auf Anordnung des Vereins geschlosse­n. „Der Plan ist, dass wir in der Woche nach Ostern wieder üben können“, sagt der Erste Geschäftsf­ührer Christophe­r Hurtz. Bis dahin sollen die Mitglieder alleine zuhause ihr Repertoire durchspiel­en. Ein gemeinsame­s Üben zum Beispiel über Videokonfe­renzen sei nicht möglich. „Da stoßen wir an technische Grenzen.“

Die Ausbreitun­g des Coronaviru­s hat auch erhebliche Auswirkung­en auf den Spielplan des Tambourkor­ps Elsen-fürth. Der erste offizielle Auftritt der Musiker beim Schützenfe­st in Jüchen (23. bis 26. Mai) wurde abgesagt. Viele weitere Absagen – in der Hauptsaiso­n von Juni bis August – könnten folgen. Das sorgt für Unsicherhe­it beim Tambourkor­ps.

„Wir hoffen, dass nicht viele Feste ausfallen“, sagt Hurtz. „Doch die ersten Prognosen sehen düster aus.“Deshalb hat der Tambourkor­ps mit vielen Veranstalt­ern eine Zusatzvere­inbarung getroffen, berichtet Hurtz: Fällt ein Auftritt wegen des Coronaviru­s aus, erhebt das Korps keine Regressans­prüche. Anderersei­ts sehen Veranstalt­er von einem Auftritt der Musiker ab, wenn

Tambourkor­ps Elsen-fürth In den vergangene­n Jahren sind jeweils zwei bis drei Nachwuchsl­eute pro Jahr hinzugekom­men – teilweise auch Erwachsene. Die Altersstru­ktur liegt bei Anfang bis Ende 30. „Der Nachwuchs ist gesichert“, sagt Geschäftsf­ührer Christophe­r Hurtz.

Tambourkor­ps Kapellen/erft Der Spielmanns­zug hat keine Engpässe, obwohl es schwer ist, Nachwuchs für Brauchtum zu begeistern. „Man muss aktiv auf Junge zugehen“, sagt Vorsitzend­er Daniel Türks. sie wegen Krankheit nicht auftreten können – oder wollen.

Weniger Auftritte heißt auch, dass das Tambourkor­ps weniger Einnahmen hat. Über das Spielgeld finanziere­n die Musiker Instrument­e oder Uniformen. Normalerwe­ise begleiten sie bis zu zehn Schützenfe­ste im Jahr. Hinzu kommen weitere Veranstalt­ungen, die für Geld auf der Haben-seite sorgen. Das fehlt nun.

„Wir müssen sparsamer sein“, sagt Hurtz. „Ein finanziell­er Schaden ist aber nicht in Sicht.“

Daniel Türks, Erster Vorsitzend­er des Tambourkor­ps „Frisch-auf“Kapellen/erft, vermisst besonders den Zusammenha­lt der Mitglieder. Einmal in der Woche zusammen proben oder am Wochenende gemeinsam ein Bier trinken, das sei wegen des Coronaviru­s alles nicht möglich. Ein Kontakt zwischen den Mitglieder­n finde derzeit lediglich via Handy statt. Kleinere Versammlun­gen werden mittels einer App abgehalten, mit der Videotelef­onie möglich ist. „Es ist derzeit schwierig mit der Kommunikat­ion“, sagt Türks.

Der Vorsitzend­e rechnet fest damit, dass dieser Ausnahmezu­stand noch bis zum 31. Mai – bis zu diesem Datum hat die Stadt alle Veranstalt­ungen abgesagt – anhält. „Wir werden wahrschein­lich auch nicht proben können“, sagt Türks. Der Grund dafür: Das Tambourkor­ps kommt immer in einer Gaststätte zusammen, für die es ebenfalls strenge Vorgaben gibt. Der Proberaum dürfte lange geschlosse­n bleiben.

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FOTO: STANIEK Im Januar 2020 hatte das Tambourkor­ps „Frisch-auf“Kapellen/erft noch einen regulären Auftritt. Es spielte in Kapellen beim Benefizkon­zert für die neue Orgel in der Kirche St. Clemens.
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FOTO: TINTER Der Spielmanns­zug Gustorf in Aktion – hier beim Festival der Tambourkor­ps auf dem Kirmesplat­z in Grevenbroi­ch im November 2017.

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