Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
„Emotional schwierig für die Bewohner“
Das Coronavirus ist noch nicht im Vinzenzhaus angekommen. Die emotionale Situation für die Bewohner ist allerdings schwierig.
KAARST Detlef Rath hört sich entspannt an, auch wenn die Situation ziemlich angespannt ist. Der Geschäftsführer der Vinzenzgemeinschaft Neuss, der für die beiden Einrichtungen in Kaarst und Neuss zuständig ist, hat Anfang dieser Woche gegenüber unserer Redaktion erklärt, dass das Coronavirus bislang einen Bogen um die beiden Häuser gemacht hat. „Wir haben recht früh angefangen, Maßnahmen zu ergreifen. Und das zahlt sich bislang auch aus“, sagt er. Rath und seinem Team war von Beginn an klar, dass das Coronavirus eine längerfristige Geschichte sein kann. Und dies bestätigt sich nun. Und trotzdem weiß Rath auch, dass sich die Zeiten von heute auf morgen schnell ändern können. Deshalb bereitet er sich und seine Mitarbeiter auf „schlimmere Zeiten“vor, wie er sagt.
Seit dem 23. März dürfen die 102 Bewohner des Vinzenzhauses in Kaarst keinen Besuch mehr empfangen, auch nicht von Angehörigen. Die meisten würden relativ ruhig mit diesem Kontaktverbot umgehen, weil sie wissen, dass es für sie gefährlich sein kann, sollten sie sich anstecken. Emotional sei es allerdings eine sehr schwierige Situation. „Wir versuchen, den Bewohnern andere Möglichkeiten zu bieten, mit ihren Angehörigen in Kontakt zu treten“, sagt Rath. In dieser Woche soll die Möglichkeit eingerichtet werden, per Skype oder Whatsapp „nach draußen“kommunizieren zu können. Viele Bewohner hätten bereits ein Smartphone, für alle anderen sollen Tablets angeschafft werden. Eine weitere Möglichkeit ist, dass Angehörige in den Garten kommen und die Bewohner durch das Fenster mit ihnen sprechen können. Für viele sei der Sichtkontakt wichtig. „Wenn es keinen Kontakt gibt, kann man eine gewisse Zeit damit leben. Aber irgendwann steigt bei jedem das Bedürfnis, seine Liebsten wieder zu sehen“, erklärt Rath. Das Pflegepersonal im Vinzenzhaus versucht so gut es geht, die fehlenden Kontakte aufzufangen. „Es geht darum, zu schauen, welche Bewohner mehr Zuwendung brauchen als andere. Wir können nicht alles auffangen“, so Rath. Wie überall werden auch im Vinzenzhaus die Hygieneartikel knapp. Für diese Woche ist eine Lieferung mit Mundschutzmasken angekündigt. Sollte diese ausbleiben, verfügen die Mitarbeiter noch über Ausrüstung für die nächsten zwei bis drei Wochen – sollte sich niemand mit dem Coronavirus anstecken. Sobald der erste Fall auftritt, wird auch der Verbrauch von Desinfektionsmitteln und Mundschutzmasken relativ schnell steigen, vermutet Rath.
Die Solidarität der Kaarster mit den Bewohnern im Vinzenzhaus schätzt Rath sehr. „Wir bekommen viele Anfragen, ob man uns helfen kann“, sagt er. Es gibt Kaarsterinnen, die sogar eigene Mundschutzmasken für das Personal und die Bewohner nähen. „Das ist gelebte Solidatität“, sagt Rath. Die Bewohner und Mitarbeiter würden in dieser schlimmen Zeit merken, dass die Bevölkerung sie nicht vergessen hat.