Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Corona-spot: In acht Sekunden um die Welt
Krankenpfleger Zakaria El Fatmi hat mit seiner Video-botschaft viele Millionen Menschen begeistert.
GREVENBROICH Plötzlich ein Weltstar, binnen acht Sekunden – und das auch noch wider Willen: Zakaria El Fatmi leitet seit zweieinhalb Jahren die Anästhesie-pfleger im Elisabethkrankenhaus. Aus Neugier holte er sich die App der chinesischen Social-video-plattform Tiktok auf sein Handy. Und gleich mit dem ersten, selbst produzierten Handy-video setzte El Fatmi ein Zeichen in den sozialen Netzwerken weltweit. Das Video hat eine Länge von acht Sekunden. Darauf zu sehen ist Zakaria El Fatmi in Op-kleidung. Mit rauer Cowboy-stimme sagt er „Ey, Corona“und pustet in seinen Hygiene-handschuh, so dass dem angesprochenen Virus ein weltweit verständlicher Mittelfinger zu Teil wird.
Ja, da enstand kein ausgebufftes Erklärstück über das Thema Nummer eins in diesen Tagen. Und etliche können der Geste überhaupt nichts abgewinnen. Aber die Mischung aus selbstbewusstem Auftritt mit geradem Rücken und Schmunzel-potential, fand rund um den Globus rasend schnell Millionen von Fans. Allein auf einer russischen Instagram-plattform bekam es binnen Kurzem 2,3 Millionen Klicks. Dazu machte es auf
Facebook, in Whatsapp und auf weiteren Instagram-kanälen die Runde. Zurück zum Absender kamen mehr als 105.000 „Gefällt mir“-meldungen. Es meldeten sich alte Freunde, Nachbarn von einst, Ärzte mit einem Daumen rauf.
„Zunächst habe ich gar nicht verstanden, was da passiert“, gibt El Fatmi zu. Denn eigentlich waren die fraglichen acht Sekunden als Botschaft für Freunde und Familie gedacht. Dass sie sich so verbreitete, lag an einer auf größtmögliche Öffentlichkeit ausgelegten Grundeinstellung der ursprünglich benutzten App. „Mein erster Gedanke war: Oh, Mist.“Zakaria El Fatmi versuchte zur Schadensbegrenzung der Pflegedienstleitung zu erklären, warum er die zur ordnungsgemäßen Personalführung ungeeignete Geste verbreitet hatte. Doch von dort aus beruhigte der Assistent der Pflegedienstleitung. „Der hatte das auch schon gesehen – und fand es klasse.“
Denn natürlich stehen im Intensivbereich jedes Krankenhauses alle dort Arbeitenden in diesen Tagen unter besonderer Anspannung. Im Zweifel bekommen sie es mit den Corona-patienten zu tun, die es besonders schwer getroffen hat. Dutzende von allabendlich gesendeten Fernsehberichten über mangelnde Schutzkleidung, zur Neige gehenden Masken und rasch gekaufte Beatmungsgeräte tragen nicht zur Beruhigung bei.
„Aus meinem Team habe ich in den vergangenen zwei Wochen so viele Fragen gestellt bekommen, wie in den zurückliegenden zwei Jahren nicht“, sagt El Fatmi. Das sei einerseits gut – denn es zeige das Engagement jedes Einzelnen. Andererseits ist es aber auch ein Hinweis darauf, dass derzeit nie Feierabend ist – sondern im Kopf alle möglichen Szenarien weitergesponnen werden. „Wir wissen, dass wir besser vorbereitet sind als unsere Kolleginnen und Kollegen in anderen europäischen Ländern, aber ob das am Ende reichen wird, muss die Zukunft zeigen“, sagt Zakaria El Fatmi.
Wenn diese Anspannung und Nervosität bei allen, die im Krankenhaus arbeiten, in acht Sekunden ein Ventil findet – dann erklärt auch das den globalen Erfolg dieser Botschaft aus Grevenbroich.