Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Im Home-office trotz Traumwetter im April
Covid-19 zwingt die Radsportler des VFR Büttgen zu einsamen Trainingseinheiten. Wettkämpfe gibt es nur auf virtuellen Plattformen.
KAARST Nein, der VFR Büttgen hat den Radsport nicht neu erfunden, wenngleich der Verein aus dem seit dem 1. Januar 1975 zur Stadt Kaarst gehörenden (Radsport-)dorf vollkommen zu Recht stolz auf seine lange Tradition als Talentschmiede am Niederrhein ist. Nils Schomber (rad-net ROSE Team), der im nächsten Jahr in Tokio an seinen zweiten Olympischen Spielen auf der Bahn teilnehmen könnte, der Deutsche U23-bergmeister Dominik Bauer, Sven Thurau (beide Dauner-akkon Pro Cycling Team) und Jonas Härtig (Team Sauerland p/b SKS Germany) sind aktuelle Beispiele für die an der Olympiastraße geleistete Nachwuchsarbeit.
Doch die mit der Corona-pandemie verbundenen Einschränkungen – so gab es in Büttgen am 1. Mai erstmals seit 1963 kein Straßen-radrennen und der gleichfalls abgesagte „Spurt in den Mai“soll am 14. November als „Büttscher Sixdays Night“nachgeholt werden – haben auch den 1912 noch als reinen Fußballklub gegründeten „Verein für Rasensport“dazu gezwungen, andere Wege zu beschreiten. Mit Erfolg: Zum Start der virtuellen Rad-bundesliga holte sich das U23-team des Sportforums zwei Siege in der Mannschaftswertung. Das dritte von insgesamt fünf Rennen steht am Samstag auf dem Programm. Für Lars Witte, Vorsitzender der Radsportabteilung, eine Bestätigung der eingeschlagenen Strategie. „Der frühe Einstieg in den virtuellen Rennbetrieb zahlt sich für unser Team nun aus“, stellt er zufrieden fest.“Natürlich sei es „bei dem Spitzenwetter
in den vergangenen Wochen“zunächst schwierig gewesen, den Fahrern zu vermitteln, „dass sie nun auf ihren Rollentrainern Rennen im heimischen Haushalt absolvieren sollen.“Doch andere sinnvolle Optionen, um irgendwie im Wettkampfmodus zu bleiben, gibt es eigentlich nicht. Schließlich fällt das Training in größeren Gruppen schon seit Wochen aus, hat der Internationale Radsport-verband (UCI) erstmal bis zum 1. Juli alle nationalen und internationalen Veranstaltungen ausgesetzt. Zwar steht das Straßenrennen in Ilsfeld-auenstein am 28. Juni (mit Bundesliga und Deutschen Bergmeisterschaften) nach wie vor im Kalender, doch darauf kann und will sich Witte nicht verlassen. „Im Moment ist alles irgendwie in der Schwebe.“
Darum sei es, versichert er, für die gesamte Truppe selbstverständlich gewesen, „Alternativen zum normalen Rennbetrieb zu finden, um das Team und damit auch seine Sponsoren zu präsentieren. Gerade in der aktuellen Situation ist es wichtig, gemeinsam Lösungen zu finden und sich untereinander zu unterstützen.“Dabei nimmt Büttgens junger Teammanager Holprigkeiten durchaus in Kauf. Im Vorfeld der virtuellen Bundesliga-rennen, an denen das Sportforum mit zwölf Nachwuchs-assen teilnimmt, hatten bereits Wettkämpfe der „German Cycling Academy“, die in Kooperation mit dem Bund Deutscher Radfahrer (BDR) über die Online-trainingsplattform Zwift seit einiger Zeit Talentsichtung betreibt, stattgefunden. Witte: „Fahrer unseres Teams konnten hier Siege erringen oder das Rennen auf dem Podest abschließen.“Das Problem: Mannschaftsmitglieder wie Brune (Jahrgang 1999) und sein jüngerer Bruder Campo Schmitz (2001), die seit 2015 Mitglieder des RC Bocholt sind, verfügen im heimischen Rhede
mitunter ebenso wenig über eine stabile Internetverbindung wie der seit 2019 für den VFR Büttgen fahrende Julius Domnick (1997) in seiner Heimatstadt Borken im westlichen Münsterland. Witte: „Die sind auch schon mal mitten im Rennen einfach rausgeworfen worden, weil das Netz streikte.“
Beim Bundesliga-debüt lief jedoch alles glatt, was Witte mit Freude zur Kenntnis genommen hat. Er findet: „Wie der BDR als unser Spitzenverband auf die Krise reagiert hat, ist schon super. Wir sind dankbar für diese Möglichkeit. Allen ist bewusst, dass sich der Sport hinten anstellen muss.“