Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Neuer Streit um Flughafenexpansion
Vor fünf Jahren beantragte der Airport Düsseldorf höhere Kapazitäten, nun werden neue Gutachten ausgelegt. Die IHK Düsseldorf drängt auf ein schnelleres Verfahren. Fluglärmkritiker fordern dagegen wegen Corona mehr Zeit.
DÜSSELDORF Die Auseinandersetzung um die Expansion des Flughafens Düsseldorf nimmt an Schärfe zu. Seit Montag hat die Landesregierung neue Gutachten des Airports zur Einsicht in Rathäusern der Umlandgemeinden zur Einsicht ausgelegt. Bürgerinitiativen kritisieren dies als „unangemessen“, weil die Corona-krise viele Bürger von einem Besuch der Rathäuser abhalte. „Das hätte verschoben werden sollen“, sagt Werner Kindsmüller von der Initiative „Kaarster gegen Fluglärm“. Die Landesregierung kontert, das Material könne auch online aufgerufen werden.
Gleichzeitig ist die Wirtschaft genervt davon, dass die nun seit fünf Jahren laufende Prüfung neu aufgerollt wird. „Wir hätten schon gehofft, dass dieses Verfahren schneller laufen würde“, sagt Gregor Berghausen, Hauptgeschäftsführer der IHK Düsseldorf. Er ergänzt: „Der Flughafen ist wichtig für die Menschen und die Wirtschaft der Region, darum darf die Genehmigung des Antrages sich nicht immer weiter hinziehen.“
Dabei zeichnet sich ab, dass die Corona-krise eine schnelle Entscheidung darüber, ob der Flughafen künftig nun wie beantragt in Spitzenzeiten 58 statt 45 Flugbewegungen pro Stunde abwickeln darf, noch unwahrscheinlicher macht. Der Airport selbst hat angekündigt, ab nächstem Jahr Personal abbauen zu wollen, weil er einige Jahre mit bis zu 30 Prozent weniger Bedarf rechnet. Den Antrag auf höhere Kapazitäten nimmt er allerdings nicht zurück, weil es da um Perspektiven im Jahr 2030 und darüber hinaus gehe. Und da zeigen die vorliegenden Gutachten tatsächlich eine hohe Nachfrage.
Ginge es nur nach dem Bedarf der Fluggesellschaften, so die am Montag veröffentlichte Analyse der Firma Intraplan in München, seien in zehn Jahren 172.000 Flugbewegungen im Sommerhalbjahr nötig. Mit den neuen Kapazitäten seien knapp 130.000 Flüge möglich, wogegen 2016/2017 in den sechs verkehrsreichsten Monaten nur 117.000 Flüge stattfanden. Dabei geht die Studie davon aus, dass die Airlines immer häufiger auch Starts und Landungen außerhalb der beliebtesten Zeiten nutzen.
Die Frage ist nun, ob der Verkehrseinbruch wegen der Corona-krise dauerhaft bleibt. Flughafenchef Thomas Schnalke rechnet nach einer Schwächephase mit einer gewissen Erholung. Die schon im Januar fertiggestellte Studie gibt ihm im Trend recht: Sie hält es wegen des allgemeinen Reiseinteresses für denkbar, dass 2040 bis zu 40 Millionen Passagiere in Düsseldorf gezählt würden, falls es unbegrenzt Flüge gäbe, wogegen im bisherigen Rekordjahr 2019 nur knapp 26 Millionen Passagiere gezählt wurden. „Die beantragte Kapazitätserweiterung reicht nicht aus, um die zu erwartenden Kapazitätsengpässe vollständig aufzulösen“, heißt es.
Dies unterstützt Ihk-manager Berghausen: „Der Antrag hat mit der Corona-krise nichts zu tun. Selbst wenn es nun einige Zeit lang weniger Passagiere gibt, ist auf Dauer von mehr Nachfrage auszugehen. Außerdem ist sehr wichtig, dass der Flughafen flexibler arbeiten kann.“
Das von Hendrik Wüst (CDU) geführte Nrw-verkehrsministerium ist sich nicht ganz so sicher, wie wie stark die Flüge ab der Nrw-landeshauptstadt
wieder abheben. Es will die Stellungnahmen der Flughafenkritiker abwarten und will sich dann den Markt noch einmal anschauen. „Die Behörde wird zur gegebenen Zeit entscheiden, ob und gegebenfalls in welchem Ausmaß zusätzliche gutachterliche Betrachtungen erforderlich sind.“
Das Flughafenmanagement ist jedenfalls vorsichtig: Im Geschäftsbericht für 2018 hatte es angegeben, es rechne im Jahr 2023 mit höheren Kapazitäten, möglicherweise gäbe es schon 2021 eine „Chance“. Im erst kürzlich fertig gewordenen Geschäftsbericht wird nur erwähnt, die neuen Kapazitäten seien im fünfjährigen Wirtschaftsplan „unterstellt“, ohne einen konkreten Termin zu nennen.