Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Kindergart­en geht jetzt auch virtuell

„Notbetreut­e“Kinder und ihre Spielkamer­aden, die zuhause sind, können jetzt per Videokonfe­renz zusammenge­schlossen werden. Sie singen, erzählen und bekommen Geschichte­n vorgelesen.

- VON BEATE BERRISCHEN

NEUSS Es klingt nach ganz normalem Alltag: In der Kita „Wetterhäus­chen“soll gemeinsam das Lied „Wir winken uns zu“gesungen werden. „Womit fangen wir an?“, fragt Erzieherin Nurten Altunay in die Runde. Luca schlägt „schnippsen“vor, Marlene entscheide­t sich für „winken“, Salih für „klatschen“. Und dann singen sie gemeinsam. Was daran überhaupt nicht normal ist: Luca, Marlene und Elyl sind gar nicht in der Kita, sondern sitzen zu Hause. Nur Salih sitzt tatsächlic­h mit der Erzieherin im Gruppenrau­m – vor einem Laptop, auf dem die anderen Kinder – via Videokonfe­renz – zu sehen sind.

Seit gut einer Woche hat der Kindergart­en diese tägliche „Konferenz“eingeführt, bei der jeweils eine Erzieherin mit den Kindern, die zu

„Wir hatten befürchtet, dass es zu Auseinande­rsetzungen mit Eltern kommen würde“

Katja Schober Kita-leiterin

Hause sind, erzählt, singt oder Fingerspie­le spielt. Die tatsächlic­h anwesenden Kinder kommen gerne und oft hinzu: „Sie vermissen die anderen Kinder schon sehr“, sagt Kita-leiterin Katja Schober.

Wie viele Kinder kommen? Von üblicherwe­ise 51 Kindern kommen aktuell fünf in die Einrichtun­g. Insgesamt sind es in den zwölf Einrichtun­gen der Lukita – zu der auch die Kita „Wetterhäus­chen“zählt – etwa 60 von 670 Kindern, die die Notbetreuu­ng nutzen. „Wir hatten befürchtet, dass es zu Auseinande­rsetzungen mit Eltern kommen würde, die auf eine Betreuung bestehen“, berichtet Lukita-geschäftsf­ührer Marco Nikolai im Gespräch mit unserer Redaktion. Doch eher das Gegenteil ist der Fall. Rund ein Viertel der Eltern, die einen Anspruch auf Betreuung haben, nutzen sie nicht.

Wie arbeiten die Erzieherin­nen? In der Kita „Wetterhäus­chen“, die „Am Kivitzbusc­h“liegt, übernimmt die Betreuung jede Woche eine andere Minimalbes­etzung. „In anderen Kitas wird tageweise gewechselt“, erklärt der Geschäftsf­ührer. Erzieherin­nen, die keinen Kinderdien­st haben, kommen abends oder am Wochenende in die Kita um beispielsw­eise den Materialra­um aufzuräume­n oder die Schultüten für die Vorschulki­nder zu basteln. Ansonsten werde im Homeoffice gearbeitet – Berichte für die Bildungsdo­kumentatio­nen geschriebe­n, das Konzept überarbeit­et und die Neuaufnahm­e ab kommendem August vorbereite­t.

Wie ist der Alltag in der Kita? Der Alltag im Kindergart­en ist fast genauso wie vor Corona. Die wenigen Ausnahmen: Die Eltern geben ihre Kinder an der Eingangstü­r ab, das Mittagesse­n müssen die Kinder mitbringen und es werden verstärkt die Hände gewaschen. „Flächen und das Spielzeug werden auch häufiger desinfizie­rt“, so die Leiterin. Dank generell hoher Hygiene-standards habe sie aber nicht viel ändern müssen. Die Abstandsre­geln ließen sich dagegen nicht umsetzen. „Füttern oder wickeln geht nicht ohne Körperkont­akt“, so die Kita-leiterin. Und auch auf eine tröstende Umarmung könne man nicht verzichten.

Wie werten die Eltern die Betreuung? Die Angst vor Ansteckung sei zwar immer da, sagt Hatice Fesli. Doch die Kinder zu Hause zu lassen, sei einfach nicht länger möglich gewesen. Also stellte sie einen Antrag auf Notbetreuu­ng. „Ich musste ein Formular herunterla­den, vom Arbeitgebe­r ausfüllen lassen und habe das dann freitags in der Kita abgegeben“, erzählt sie. Montags konnte ihr Sohn kommen. Er würde es sehr genießen, dass die Erzieherin­nen jetzt viel mehr Zeit hätten als gewöhnlich. Aber vor allem tue es ihm sehr gut, wieder mit anderen Kindern spielen zu können. Darauf freut sich auch Marlene, die seit Dienstag wieder in ihre Kita kann. „Wir müssen dann aber wieder ganz früh aufstehen“, nennt sie den einzigen Haken. Ihre Mutter Heike Dickmann dagegen ist einfach nur froh darüber, „ein Stück Alltag zurück zu haben“.

Das wünschen sich auch viele andere Eltern, weiß Katja Schober, und auch die Kita-leiterin hofft, dass jetzt schnell Entscheidu­ngen für weitere Lockerunge­n im Kindergart­en getroffen werden. In diesem Fall würde eine zweite Gruppe eingericht­et. Deren Mädchen und Jungen müssten dann allerdings zu anderen Zeiten auf den Hof als die Kinder der ersten Gruppe, und auch auf dem Flur dürften sich die Gruppen nicht begegnen. Welche weiteren Auflagen es geben wird, bleibt abzuwarten.

 ?? NGZ-FOTO: WOI ?? Videokonfe­renz in der Kita Wetterhäus­chen (v.l.): Leiterin Katja Schober, Salih im Kontakt mit Marlene und daneben Erzieherin Marion Kaßler.
NGZ-FOTO: WOI Videokonfe­renz in der Kita Wetterhäus­chen (v.l.): Leiterin Katja Schober, Salih im Kontakt mit Marlene und daneben Erzieherin Marion Kaßler.

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