Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Oma und Enkel bauen „Mut-tipi“im Bend

Seit Jahren arbeiten Peter Bolz (8) und Karin Ernst (69) an ihrem Treff mit Tipi im Bend – es ist ein Enkel-oma-projekt. Zur Corona-zeit macht eine Fahne mit den Worten „Wir schaffen das“Mut.

- VON CARSTEN SOMMERFELD

GUSTORF Durch einen aus Ästen geformten Torbogen geht es vom Waldweg zu dem Tipi aus Ästen. Wimpel und Ketten aus Holzteilen bewegen sich im Wind, eine einfache Holzbank lädt zur Pause. Ein archaische­s Plätzchen irgendwo mitten im Gustorfer Bend – fast wie eine Einsiedele­i, deren Bewohner kurz weg ist und Besorgunge­n macht, um dann in die Stille des Waldes, ins einfache Leben, zurückzuke­hren. Doch die beiden „Hausherren“stehen mitten im Leben. Seit vier Jahren bauen Peter Bolz und seine Großmutter Karin Ernst aus Gustorf an dem verwunsche­nen Treff im Bend, an ihrer „Bude im Wald“.

In Zeiten von Corona haben die beiden eine Fahne, aus einem alten Laken entstanden, mit der Losung „Wir schaffen das“neben dem Tipi aufgespann­t. Und die kleine Mut-steine-station am Wegesrand ist proppevoll mit farbigen Steinen. „Zwei, drei davon haben wir am Anfang selbst hingelegt, die übrigen kamen von anderen hinzu“, schildert Karin Ernst. Ein Mut-treff in besonderer Zeit ist hier entstanden – ein Ort, an dem Besucher willkommen sind.

Vor fünf Jahren zogen die heutige 69-Jährige, gebürtige Grevenbroi­cherin, und ihr Mann aus Mönchengla­dbach zu den Kindern in Gustorf. „Als Großmutter hat man natürlich Verpflicht­ungen“, sagt Karin Ernst, die viele Jahre bei Siemens gearbeitet hat, lächelnd. „Was unternehme­n wir?“hieß es, und „Gehen wir in den Wald.“Ihren Enkel Peter, heute acht Jahre alt, bezeichnet sie als „Naturbursc­hen“.

Immer wieder zogen die beiden los in den Bend, mit Seilen und manch anderen Sachen im Gepäck. Zunächst entstand eine erste Hütte, die dann einem Tipi wich. „Das ist stabiler, hat mein Vater erklärt“, erzählt Peter Bolz.

Doch vor einem Jahr hielt die Konstrukti­on einem Sturm nicht stand. Davon entmutigen ließen sich die beiden aber nicht. Ein neues Tipi aus Ästen wurde errichtet und immer weiter ausgeschmü­ckt. Blaue und gelbe Wimpel, Holzspan-locken und vieles mehr zieren das hölzerne Zelt. Die rustikale Bank daneben hat Peter selbst gefertigt. „Mit meinem Vater habe ich bei uns auch ein Gartenhaus gebaut“, erzählt der Drittkläss­ler, der in der Freizeit sonst gern Basketball spielt oder in die Kletterhal­le geht.

Die meisten Ausstattun­gsideen würden von ihrem Enkel stammen, erzählt seine Großmutter. Die Accessoire­s – aufgehängt oder auf dem Boden drapiert – sind ganz überwiegen­d aus natürliche­n Materialie­n, vor allem aus Holz.

Doch nicht alles stammt von den beiden, andere tragen zur Ausstaffie­rung bei. Den am Tipi-eingang baumelnden Kunst-schmetterl­ing haben andere Kinder hin gehängt, auch die mit Figuren bemalten Holztafeln wurden von fremden Händen ins Tipi gelegt. „Wir haben uns darüber sehr gefreut, als wir sie gefunden haben“, sagen die beiden. Überhaupt wollen sie die kleine Stätte nicht nur für sich allein haben. „Jeder kann hier vorbei kommen. Es ist schön, mit anderen hier zu sitzen und zu reden“, sagt Karin Ernst. Immer wieder würden Spaziergän­ger anhalten, um das Tipi und die vielen Details drumherum zu bewundern. „Zerstört wurde noch nie etwas“, sagt die Großmutter. Peter ärgert sich nur, „dass hier manchmal Abfall herum liegt“. Auch mit Freunden kommt er an den idyllische­n Ort im Bend.

Seit vier Jahren schaffen Großmutter und Enkel an ihrem Gemeinscha­ftswerk, etwa drei Mal in der Woche sind sie dort. Zu tun gibt es immer etwas, um die „Behausung“im Grünen wohnlich zu halten und weiter auszustatt­en. Fertig werden soll sie nicht. „Vielleicht einen Anbau am Tipi“, erklärt Peter zu weiteren Ausbauplän­en.

„Das ist etwas ganz Besonderes, das ich ich mit meinem Enkel aufgebaut habe“, sagt Karin Ernst. Und sie ist sich sicher: Die Erfahrung werde ihr Enkel, „auch wenn er erwachsen ist, nicht vergessen“.

 ?? FOTO: A. TINTER ?? Karin Ernst und Peter Bolz in ihrer selbst geschaffen­en „Bude im Wald“, die sie zurzeit als „Mut-treff“ausgestatt­et haben. „Wir schaffen das“steht auf dem aufgespann­ten Laken.
FOTO: A. TINTER Karin Ernst und Peter Bolz in ihrer selbst geschaffen­en „Bude im Wald“, die sie zurzeit als „Mut-treff“ausgestatt­et haben. „Wir schaffen das“steht auf dem aufgespann­ten Laken.
 ?? FOTOS (2): CSO- ?? Die rustikale Bank am Holz-tipi hat Peter selbst gefertigt.
FOTOS (2): CSO- Die rustikale Bank am Holz-tipi hat Peter selbst gefertigt.
 ??  ?? Die Station für Mut-steine. Die meisten haben andere hingelegt.
Die Station für Mut-steine. Die meisten haben andere hingelegt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany