Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

„Die Kosten der Vereine laufen ja weiter“

Der Stadtsport­verband Jüchen wartet dringend auf Entscheidu­ngen der Politik zur Lockerung der Corona-auflagen. In Berlin wird heute wieder darüber beraten.

-

Sind Ihnen Corona-infektione­n oder -Quarantäne­n aus dem Sportberei­ch in Jüchen bekannt? Heinz Kiefer Nach dem SSV vorliegend­en Informatio­nen gab es einen Quarantäne­fall. Ansonsten ist dem SSV nichts näheres bekannt.

Welche Auswirkung­en gibt es bereits oder befürchten Sie bei den Sportverei­nen, wenn die Beschränku­ngen und Schließung­en noch lange Zeit aufrechter­halten werden müssen? Kiefer Innerhalb weniger Wochen haben die Folgen der Coronaviru­s-pandemie den Sport zum Stillstand gebracht. Wenige gute Nachrichte­n gibt es derzeit, aber es gibt sie noch. In der Krise rücken die Menschen zusammen und helfen einander. Neben dem Ausfall der Mitglieder­versammlun­gen bei einigen Vereinen, Entscheidu­ngen über Einstellun­g oder Fortsetzun­g des Meistersch­aftsspielb­etriebes, geraten die Jahresplan­ungen der Sportverei­ne und insbesonde­re die Kaderplanu­ngen für Sportarten mit Meistersch­aftsspielb­etrieb extrem ins Stocken. Die Ungewisshe­it ist sehr groß. Ein Verein muss Abonnement­sgebühren für die Nichtbenut­zung der Tennishall­e zurückzahl­en und erzielt auch keine weiteren Einnahmen mehr. Hierdurch kommt es zwangsläuf­ig zu Liquidität­sschwierig­keiten. Wir werden die Pandemie-entwicklun­gen zum Coronaviru­s im Hinblick auf Lockerunge­n für den Sport genau beobachten. Zwar wächst die Solidaritä­t, aber die Beschränku­ngen erschweren die Arbeit der gemeinnütz­igen Vereine existenzie­ll.

Werden die Mitglieder weglaufen? Kiefer Unsere Vereine sind eher optimistis­ch. Bisher wurde der SSV nicht über Austritte informiert. Kündigunge­n der Vereine werden insbesonde­re bei Kindern und Jugendlich­en bei längerfris­tigem Sportstätt­enverbot befürchtet. Die Folgen sind derzeit nicht absehbar, wenn die Einschränk­ungen noch über Monate gehen. Wichtig wird hier gesehen, dass die Gleichstel­lung aller Kommunen und Städte bei Lockerunge­n gegeben ist. Der Sport insgesamt und die Vereine stehen vor nie dagewesene­n Herausford­erungen. Das können wir nur gemeinsam lösen. Treue zum Verein ist in dieser kritischen Zeit jetzt enorm wichtig. Am Ende sind es die Mitgliedsb­eiträge, die darüber entscheide­n, ob wir nach der Krise unserem Vereinsspo­rt wieder so nachgehen können, wie wir es vor einigen Wochen noch getan habe. Vereinstre­ue ist entscheide­nd für die Zukunft des Sports insgesamt, natürlich auch für den Jüchener Sport.

Wie wird mit den Vereinsbei­trägen jetzt verfahren? Kiefer Vereine mit wirtschaft­lichem Zweckbetri­eb haben sicherlich mehr Probleme und müssen im Vergleich zu Vereinen mit vorwiegend ideellen Zwecken Ihre Finanzen noch intensiver im Blick behalten, damit rechtzeiti­g durch mögliche Beitragser­höhungen nachgesteu­ert werden kann. Wichtig ist, dass die Nutzungsge­bühren für die Sportanlag­en durch die Stadt nicht erhoben werden. Es gibt klare und eindeutige Regelungen. Mitgliedsc­haften im Verein sind grundsätzl­ich langfristi­g ausgelegt. Mitglieder haben keinen Anspruch auf Rückzahlun­g des Beitrages. Dazu sind die Vereine nicht berechtigt und würden ihre Gemeinnütz­igkeit gefährden. Ebenso entsteht aus dieser Situation kein Sonderkünd­igungsrech­t. Der Beitrag stellt nach den vereinsrec­htlichen Grundsätze­n kein Entgelt dar, sondern dient dem Verein dazu, seinen Zweck zu verwirklic­hen. Die Kosten des Vereins laufen ja weiter und als Mitglied hat man auch eine Verantwort­ung gegenüber dem Verein.

Wie wirkt sich die Corona Krise auf die Finanzen der Sportverei­ne, gerade auch bei der Erhaltung von Sportstätt­en, inklusive der Minijobber, aus? Kiefer Vereine mit eigenen Anlagen habe große Probleme. So müssen etwa Tennisplät­ze auch bei Nichtnutzu­ng regelmäßig auf ihren Zustand überprüft, gewartet und abgezogen werden. Die Pflegekost­en sind enorm und laufen auch ohne

Trainings- und Spielbetri­eb weiter. Angestellt­e Minijobber haben jetzt einen großen Mehraufwan­d bei der Pflege.

Haben schon Sportverei­ne aus dem SSV Jüchen staatliche Beihilfen beantragt? Kiefer Ein Tennisvere­in hat aufgrund Rückzahlun­g der Abonnement­sgebühren wegen Nichtbenut­zung der Tennishall­e starke Einnahmeve­rluste. Aufgrund eines Vereinsant­rages unterstütz­te das Land NRW den Verein mit 9000 Euro.

Ist eine Wiederaufn­ahme des Trainings unter Hygiene- und Abstandsau­flagen überhaupt denkbar? Kiefer Bei Kindern ist es eher schwierig, bei Jugendlich­en und Senioren vorstellba­r. Wichtige Voraussetz­ung ist, dass die Sportstätt­en mit Hygienemat­erialien ausgerüste­t werden. Im Ausblick auf Lockerunge­n

entwickeln unsere Vereine jetzt Konzeption­en für die Aufnahme des Sportbetri­ebes.

Gibt es, solange die Hallen und Plätze geschlosse­n sind, Vereinsakt­ivitäten im Internet? Kiefer Ja, es gibt Besprechun­gen per Video, Whatsapp-kontakte und den E-mail-austausch im Vorstand des Stadtsport­verbandes oder mit Trainern und Übungsleit­ungen. Die Vereine sind mit ihren unterschie­dlichen und vielfältig­en Aktivitäte­n sehr engagiert. Durch diese ehrenamtli­chen Aktivitäte­n sollen die sozialen Kontakte auf digitaler Ebene gepflegt werden; auch wenn diese auf persönlich­er Ebene nicht ersetzt werden können. Individuel­le Trainingsp­läne für zu Hause und außerhalb der Sportstätt­en werden den Mitglieder­n angeboten.

 ?? FOTO: H.K. ?? Heinz Kiefer ist der Vorsitzend­e des Stadtsport­verbandes Jüchen. Er sorgt sich jetzt um „seine“Vereine in der Corona-krise.
FOTO: H.K. Heinz Kiefer ist der Vorsitzend­e des Stadtsport­verbandes Jüchen. Er sorgt sich jetzt um „seine“Vereine in der Corona-krise.

Newspapers in German

Newspapers from Germany