Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Erzieherin unter Mordverdacht
Ein dreijähriges Mädchen wird vom Notarzt aus einer Kita in Viersen geholt. Es atmet kaum noch. Zwei Wochen später stirbt das Kind im Krankenhaus, eine Erzieherin wird des Mordes verdächtigt. Die Bürgermeisterin ist entsetzt.
VIERSEN Vor der städtischen Kindertagesstätte in Viersen liegt eine Steinschlange. Auf den Steinen sind Herzen zu sehen statt Regenbögen. „Du bist immer in unserem Herzen“, steht auf einem, „In liebevoller Erinnerung“auf einem anderen. Es geht bei der Steinschlange nicht um Corona. Es geht um ein dreijähriges blondes Mädchen, das diese Kita besucht hat und nun nie mehr wiederkommen kann, weil es ermordet wurde. Wenn sich der Verdacht von Polizei und Staatsanwaltschaft bewahrheitet, dann war es eine Erzieherin, die das Mädchen getötet hat.
Nach dem Tod des Kindes aus der Viersener Kita hat die Polizei die 25-jährige Frau wegen Mordverdachts festgenommen. Sie befindet sich seit Mittwoch in Untersuchungshaft. Der Vorfall ereignete sich bereits am 21. April, das Kind verstarb am 4. Mai im Krankenhaus.
Vor einem Monat sieht alles nach einem schrecklichen Unglücksfall in der Viersener Kita aus: Das dreijährige Mädchen, das die Notbetreuung in der Einrichtung besucht, bekommt keine Luft mehr, erleidet einen Atemstillstand. Das Kind wird vor Ort wiederbelebt, ein Notarzt bringt es ins Krankenhaus. Dort verschlechtert sich der Zustand des
Mädchens. Acht Tage später, am 29. April, schaltet das Krankenhaus die Polizei ein – „aufgrund einer medizinisch unklaren Lage“, wie die Staatsanwaltschaft Mönchengladbach mitteilte. Während das Kind mit dem Tode ringt, nehmen die Beamten von Polizei und Staatsanwaltschaft umfangreiche Ermittlungen auf. Ihr Verdacht: Dass die Dreijährige durch Fremdeinwirkung lebensgefährlich verletzt wurde.
Nach dem Tod des Kindes bringt die rechtsmedizinische Untersuchung die bittere Sicherheit. Laut den Ermittlern ist ihnen nach der Obduktion endgültig klar, „dass das Mädchen durch Fremdeinwirkung zu Tode gekommen ist“. In den Fokus der Ermittler gerät eine Erzieherin der städtischen Kindertagesstätte. Polizeibeamte nehmen sie am Dienstag, 19. Mai, fest. Die Staatsanwaltschaft Mönchengladbach führt sie tags drauf einem Haftrichter vor. Der ordnet wegen des Verdachts des Mordes Untersuchungshaft an.
Inzwischen ist die Frau nicht mehr in der Kita beschäftigt, weshalb Polizei und Staatsanwaltschaft in ihrer Mitteilung von einer „ehemaligen Erzieherin“berichten. Ob ihr nach ihrer Festnahme gekündigt wurde oder ob sie bereits vorher ausgeschieden war, blieb unklar.
Viersens Bürgermeisterin Sabine
Anemüller, von den Ermittlungsbehörden am 19. Mai über die Festnahme informiert, reagierte am Freitag mit Entsetzen auf den Vorfall. „Sollte sich der Verdacht bestätigen, der sich aus den bisherigen Ermittlungen ergeben hat, käme zu der Trauer und dem Mitgefühl für die Familie des Kindes noch Bestürzung darüber hinzu, dass der Tod des Mädchens auf Fremdeinwirkung zurückzuführen ist“, so Anemüller.
Das Entsetzen über den Verdacht, dass ein solches Geschehen sich in einer Kindertagesstätte ereignet haben könnte, hinterlasse sie sprachlos. „Ich habe bereits persönlich mit der Mutter gesprochen und ihr meine tief empfundene Anteilnahme ausgedrückt“, erklärte die Bürgermeisterin. Ihre Gedanken seien aber auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, den anderen Eltern und Kindern der betroffenen Kita. Anemüller: „Auch für diese Menschen bedeutet der Verdacht eine schwere Prüfung.“Das Kind wurde zwischenzeitlich bestattet. Zuvor hatten die Mitarbeiter der Kita gemeinsam mit der Mutter von dem Kind Abschied genommen.
Polizei und Staatsanwaltschaft wollten sich am Freitag nicht weiter äußern und kündigten eine Pressekonferenz für einen späteren Zeitpunkt an.