Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Neusser SPD setzt auf viel Frauenpower
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NEUSS Verena Kiechle, 39 Jahre alt und als Tagesmutter tätig, ist in der Neusser SPD nicht nur nach Ansicht des Parteivorsitzenden Sascha Karbowiak schnell „ein echter Aktivposten geworden“. Solchen Eifer belohnt die Partei. Kiechle wurde beim Spd-parteitag am Dienstagabend in der Stadthalle nicht nur als Direktkandidatin im Wahlkreis Rosellerheide-neuenbaum bestätigt, den sie seit zwei Jahren für die SPD betreut, sondern als beste Newcomerin auf Platz sechs der Reserveliste gesetzt.
Für manchen der 99 stimmberechtigten Mitglieder im Saal war das eine echte Überraschung. Aus Sicht des Parteivorstandes aber war die Platzierung nur logisch und Teil einer angekündigten „Frauenoffensive“. Zur Kommunalwahl 2014 hatte die Parteiführung einen Generationswechel in der Fraktion eingeleitet, jetzt will Karbowiak (32), dass die Truppe im Rat bunter und vor allem weiblicher wird. Und er liefert. Von den 29 Wahlbezirken sind zwar nur elf mit einer Frau besetzt, doch die finden sich auf der Reserveliste allesamt auf den Plätzen mit den „geraden“Nummern zwei bis 22. Zur Erinnerung: Aktuell gehören dem Rat 19 Spd-stadtverordnete und der Bürgermeister an.
Reiner Breuer (51), der eine zweite Amtszeit als Chef im Rathaus anstrebt, führt diese Liste an. Als Teamkapitän, wie es der über Listenplatz fünf abgesicherte Parteivorsitzende Karbowiak ausdrückte. Ihm war wichtig, das sich in der Abfolge der Liste immer männliche und weibliche Bewerber abwechseln. Das ging nicht ohne Enttäuschungen ab. Daniel Handel (36), der vor zwei Jahren von Karbowiak das Amt als Vorsitzender des großen Ortsvereins Stadtmitte übernahm, hätte sich mehr gewünscht als Listenplatz 23. Aber er suchte auch nicht die Kampfkandidatur, um einen der vorderen Plätze zu erobern.
Einige haben mit einem aussichtslos scheinenden Listenplatz erkennbar weniger Probleme. Ridvan „Richie“Ucar (56) will das Mandat in Erfttal direkt holen – ohne Netz und doppelten Boden. Ähnlich argumentiert auch Heinrich Thiel (31), der 2014 im Bezirk Südliche Furth eines von zwei Spd-direktmandaten erringen konnte.
Im September sollen es mehr als zwei sein. Der Wahltag, so formulierte Karbowiak die Hoffnung der Partei, soll zum erfolgreichsten Tag in der Geschichte der SPD Neuss werden. Diese Zuversicht begründete er mit einer – in seinen Augen – offen zutage liegenden Schwäche der CDU, die er als vollkommen zerstritten und führungslos erlebe. Ein weiteres Pfund, mit dem die SPD wuchern könne, macht er in Person des Bürgermeisters aus, den er „einen Glücksfall für unsere Stadt“nennt. Hinzu kommen das am Dienstag aufgestellte Team, das der Vorsitzende ein „echtes Spiegelbild der Neusser
Stadtgesellschaft“nennt – und das Wahlprogramm. Das muss noch in abschließender Lesung diskutiert und beschlossen werden, Karbowiak umriss aber schon am Dienstag wesentliche Eckpunkte. Man werde detailliert aufzeigen, sagte er, wie mehr bezahlbare Wohnungen geschaffen werden können, wie eine Mobilitätsoffensive für Busse, Bahnen und Radverkehr umgesetzt werden kann und welche Maßnahmen die SPD für eine klimagerechte Stadt auf den Weg bringen will. Nicht zuletzt soll es in dem Programm auch um die Weiterentwicklung der sozialen Großstadt Neuss gehen.
Erarbeitet wurde das Programm in einem langen und, wie der Vorsitzende betont, transparenten Verfahren, zu dem 33 Veranstaltungen der Reihe „SPD Neuss im Dialog“gehörten. Vieles, das dabei aus der Bürgerschaft an die Partei herangetragen wurde, sei schon in der Tagespolitik weiterverfolgt worden. Die SPD, so die Botschaft, kümmert sich.