Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Am Pfingstson­ntag wird ab 8.45 Uhr kräftig gebeiert

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Die Freude am Beiern ist Markus Brockers anzusehen. Mit Inbrunst zieht er an dem roten Seil, das an dem Klöppel der Sebastianu­s-glocke befestigt ist. Im nächsten Augenblick ertönt die jüngste der insgesamt sechs Glocken im Kirchentur­n von St. Josef in ohrenbetäu­bender Lautstärke. „Dieser Ton B wird auf der gesamten Furth zu hören sein“, sagt Norbert Braun, bis 2019 Küster in Sankt Josef. Die beiden Männer gehören einer 22-köpfigen Truppe an, die das Beiern auf der Furth nach 40 Jahren Stillstand im Jahr 2007 wiederbele­bt haben. Zur Truppe, die von Markus Brockers geleitet und von seinem Vater Matthias Brockers damals gegründet wurde, gehören viele Schützen, unter anderem der amtierende Neusser Schützenkö­nig Kurt Koenemann, der Further Schützenkö­nig Heinz-josef Bittner sowie Bruno Weyand, Neusser Schützenkö­nig 2018. Zu besonderen Anlässen wie zur Schützenme­sse an Pfingstson­ntag, an Fronleichn­am oder zur Erstkommun­ionsmesse, wird seitdem wieder gebeiert.

„Unter Beiern versteht man das melodische Anschlagen der Glocken“, erklärt Brockers. Um mit den Kirchenglo­cken eine Melodie zu „spielen“muss man hoch hinaus. Nach dem Erklimmen einer 60-stufigen Treppe, einer schmalen Leiter und einer engen Stiege erreicht man den 56 Meter hohen Glockentur­m. Dort erst wird deutlich Brockers genau meint. In dem geräumigen Turm hängen sechs Bronze-glocken unterschie­dlicher Größe. Die größte von ihnen, die 1447 Kilogramm schwere Josefglock­e, ist so alt wie die 1888 geweihte Kirche. „Sie ertönt mit dem Ton

Des“, weiß Braun. Jede Glocke hat ihren eigenen Ton. Beim Geläut bewegt der Küster unten in der Kirche lediglich die richtigen Hebel für die betreffend­en Glocken – das Läuten der Glocken funktionie­rt über einen Motor. „Gebeiert wird aber mit Muskelkraf­t“, sagt Brockers. Durch das händische Anschlagen der fünf größten Glocken, die alle unterschie­dliche Töne produziere­n, entsteht eine Melodie. Damit das am Pfingstson­ntag gelingt, werden die Glocken vorher so arretiert, dass sie nicht schwingen. Fünf Mitglieder der „Beiern-truppe“befestigen die Stahlklöpp­el mit Spannseile­n nahe dem Rand der Glocke. Besonders schwer hat es derjenige, der für das Beiern der in acht Meter Höhe angebracht­en Erzengel-glocke zuständig ist – er muss über Leitern und provisoris­ch angebracht­e Planken balanciere­n, um das Spannseil zu befestigen. Nachdem diese Arbeit geschafft ist, folgt der Spaß: Mit einen kräftigen Ruck am Zugseil schlägt der Klöppel an den Rand der Glocke – ein Ton erklingt. „Ohne Ohrenschüt­zer ist das kaum auszuhalte­n“, gesteht Brockers. Er wird die Melodien „dirigieren“, die sein fünfköpfig­es „Glocken-orchester“am Sonntag ab etwa Viertel vor neun vom Turm der Josefkirch­e beiert, „darunter sicherlich „Maria breit‘ den Mantel aus“das Kinderlied ,Bum, Bam, Beier‘. Beiern ist besonders in Nordeuropa und vor allem im Rheinland verbreitet. Julia Rommelfang­er

 ?? NGZ-FOTO: A. WOITSCHÜTZ­KE ?? Markus Brockers und Norbert Braun gehören zu der 22-köpfigen Gruppe, die das Beiern auf der Furth 2007 wieder belebt hat.
NGZ-FOTO: A. WOITSCHÜTZ­KE Markus Brockers und Norbert Braun gehören zu der 22-köpfigen Gruppe, die das Beiern auf der Furth 2007 wieder belebt hat.

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