Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Der deutsche Achter fühlt sich stark wie nie
Bei der Ruder-em in Polen peilt Alexandra Höffgen vom Neusser RV eine Medaille an. Cosima Clotten startet im leichten Doppelvierer.
NEUSS Die Ruder-europameisterschaften von Freitag bis Sonntag im polnischen Poznan (Posen) sind unverhofft zu einem mächtigen Sportevent geworden. Mehr als 570 Aktive aus 31 Nationen haben gemeldet. Der Deutsche Ruderverband stellt auf dem Malta-see mit 63 Teilnehmern und Teilnehmerinnen (inklusive der Ersatzleute) die zweitgrößte Mannschaft hinter Italien. Das gewaltige Interesse ist indes leicht zu erklären: Nach der coronabedingten Absage aller Weltcups und der Verschiebung der Olympischen Spiele in Tokio ist diese EM der einzige internationale Wettkampf für die Hauptklasse in diesem Jahr.
Alexandra Höffgen vom Neusser Ruderverein geht im deutschen Frauenachter an den Start. Und das mit ordentlich Power. „Auch wenn es für uns Ruderer eigentlich schon echt spät ist, sind wir super gespannt und freuen uns, endlich mal wieder Rennen zu fahren“, sagt die Kleinenbroicherin und bringt die Bedeutung des Augenblicks noch mal auf den Punkt: „Das ist die einzige Regatta des Jahres!“
Den letzten Feinschliff holte sie sich mit ihren Teamkolleginnen Tabea Schendekehl (Dortmund), Marie Arnold (Hannover), Frauke Hundeling (Hannover), Alyssa Meyer (Berlin), Anna Härtl (Potsdam), Melanie Göldner (Potsdam), Sophie Oksche (Ingolstadt) und Steuerfrau Larina Hillemann (Lübeck) im Trainingslager in Ratzeburg. „Der Sommer war sehr lang und eine richtige Pause haben wir noch nicht gemacht, aber dafür haben wir die Zeit intensiv genutzt, um unsern Achter einzufahren“, erzählt die noch 26-Jährige. „Ich habe mich für die ‘Prioritätsbootsklasse’ qualifiziert. Der Achter ist das mit den stärksten Ruderinnen besetzte Boot.“
Für sie steht fest: „Wir haben uns über den Winter und im Sommer wirklich gut weiterentwickelt und wollen im Vergleich zum letzten Jahr einen großen Sprung machen. Das Ziel ist eine Medaille zu gewinnen.“Wie schwer das wird, ist ihr dabei sehr wohl bewusst: „Mit Rumänien und den Niederlanden sind auf jeden Fall zwei Gegner am Start, die uns im nächsten Jahr die Olympia-qualifikation streitig machen wollen und grundsätzlich zu den besten Nationen der Welt gehören.“Zwar fehlen in Posen die starken Britinnen, bei der WM 2019 in Linz als Fünfte bestes europäisches Boot, doch auch Rumänien (6.), Russland
(8.) und die Niederlande (9.) lagen in Österreich vor Deutschland (10.). Eine zusätzliche Herausforderung sind die strengen Hygieneauflagen. „Aber da das bei der U23-EM in Duisburg schon gut funktioniert hat, bin ich zuversichtlich, dass es auch bei uns gut klappt“, sagt Alexandra Höffgen gelassen.
Auf der Regattabahn im Sportpark Wedau hatte ihre Vereinskameradin Cosima Clotten im leichten Doppelzweiter mit Luise Asmussen (Vegesacker RV ) Anfang September hinter Italien und Irland Bronze eingebracht. In Polen verstärkt die Neusserin nun den nicht-olympischen Leichtgewichts-doppelvierer, in dem außer ihr noch Katrin Volk (Ulm), Elisabeth Mainz (Berlin) und Marion Reichardt (Leipzig) sitzen. Bei der WM in Linz hatte der DRV in dieser Bootsgattung mit der Neusserin
Vera Spanke Rang drei belegt, doch die 23-Jährige fehlt auf dem Malta-see studienbedingt ebenso wie alle anderen Bronze-mädels. Das ist auch der Grund, warum Cosima Clotten nur knapp fünf Wochen nach ihrem eigentlichen
Saisonhöhepunkt schon wieder international im Einsatz ist. Obwohl mit 20 Jahren die Jüngste im auf diesem Niveau ohnehin noch recht unerfahrenen Boot, ist sie die mit Abstand stärkste. Das große Handikap: Dem deutschen Quartett blieben insgesamt nur gut 14 Tage der gemeinsamen Vorbereitung. Trotzdem ist ihm bei der EM Silber sicher, hat für das Rennen im leichten Doppelvierer außer Deutschland doch nur Italien gemeldet. Allerdings dürften Giulia Mignemi, Silvia Crosio, Greta Martinelli und Arianna Noseda fast unmöglich zu bezwingen sein. Die amtierenden Weltmeisterinnen sind im Doppelvierer seit Jahren das Maß der Dinge. Nrv-trainer Christian Stoffels stellt jedoch klar: „Auch wenn hier zehn Boote am Start wären, Silber würde immer an Deutschland gehen.“