Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Furioser KSK kratzt an der Sensation
Neusser Bundesliga-ringer geben sich dem Topfavoriten ASV Mainz erst im letzten Kampf geschlagen.
NEUSS Viel fehlte nicht und der KSK Konkordia Neuss hätte dem vor allem in der Höhe überraschenden Auftaktsieg über die Wrestling Tigers Rhein/nahe (22:7) ein Wunder angefügt. Beim turmhoch favorisierten dreimaligen Meister ASV Mainz 88 lag der nach acht Jahren in die Ringer-bundesliga zurückgekehrte Kraftsportklub vor dem letzten der insgesamt zehn Kämpfe gleichauf (14:14). Dass in der Gewichtsklasse bis 75 Kilogramm in Samuel Bellscheidt dann ausgerechnet die große Olympia-hoffnung für Paris 2024 patzte, nahm dem Ksk-ehrenvorsitzenden Hermann J. Kahlenberg nichts von seiner Euphorie. Sein Urteil: „Auch so war das für mich eine Sensation!“
Zur Halbzeitpause lag der Neuling sogar mit 10:8 vorne. Fast unglaublich, hatten die Gäste doch bei den Leichtgewichten ihrer Unerfahrenheit auf diesem Niveau schwer Tribut zollen müssen: Sowohl der aus der Landesliga geholte Vladimir Tumparov (57 kg) als auch der erst 18-jährige Ahmed Aruhanov (61 kg) gaben gegen Beka Bujiashvili und Justas Petravicius vier Punkte fürs Gesamtergebnis ab. Doch die Neusser Asse stachen: Dariusz Vitek (130 kg) zermürbte den erfahrenen Erstliga-ringer Etka Sever, holte mit seinem 10:4-Sieg zwei Punkte. Schultersiege von Adlan Tasuev (98 kg) über Abdallh Karem und des wieder furios auftrumpfenden Ayub Musaev (66 kg), der mit Edhem Ünal schon nach 25 Sekunden fertig war, bescherten dem KSK zehn Zähler für das Mannschaftskonto.
Ein Schock für die Hausherren, die für diesen Abend sogar U23-weltmeister Burhan Akbudak (86 kg) eingeflogen hatten. Der Türke brachte Mainz im ersten Kampf nach der Pause mit seinem technisch überlegenen Punktsieg (15:0) über Julian Lejkin wieder mit 12:10 in Front.
Doch es blieb spannend: Aaron Bellscheidt (71 kg) musste beim Bundesliga-debüt noch Lehrgeld zahlen, dominierte gegen den Em-dritten Kristupas Sleiva (Litauen) zwar die zweite Hälfte des Duells, lag da jedoch schon mit 0:8 zurück und verlor schließlich mit 2:8. Aber der erst vor anderthalb Wochen aus Witten in die Nordstadt transferierte Daniel Sartakov (80 kg) sicherte sich beim 3:3 gegen den Ex-neusser Georg Harth mit der letzten Wertung den 1:0-Erfolg und Lom-ali Eskiev (75 kg) bestätigte im Freistil mit dem 10:0-Sieg über Josif Shahbazyan seine Ausnahmestellung auch auf diesem Niveau. Vor dem letzten Kampf hieß es damit 14:14-Unentschieden.
Mit Druck kann Samuel Bellscheidt eigentlich umgehen, doch diesmal wurde der Dritte der Kadetten-wm ein Opfer seiner Nerven. Gegen den fünf Jahre älteren Ruhullah Gürler begann der 19-Jährige nervös, geriet schnell mit 0:6 ins Hintertreffen. Er fing sich, zwang seinen Kontrahenten zusehends in die Defensive. Doch zu mehr als drei Punkten reichte es für den Neusser Topmann nicht mehr – Mainz, im vergangenen Jahrzehnt acht Mal in einem Halbfinale um die Deutsche Meisterschaft vertreten, hatte den Kopf so gerade eben aus der Schlinge gezogen.
Der freche Aufsteiger geht trotzdem mit breiter Brust in die zweiwöchige Pause (am 31. Oktober geht es zum SV Nackenheim). „Eine unfassbare Leistung. Ich bin stolz auf die Mannschaft“, sagte Vorsitzender Robert Talaska. Und der Sportliche Leiter Fatih Cinar befand: „Das war verdammt stark.“