Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Der erste Sonntag in der Stadtbibli­othek

Die Stadtbibli­othek hat ihre Öffnungsze­iten erweitert. Auch am Sonntag öffnen nun die Pforten. Ein Besuch.

- VON RUDOLF BARNHOLT

NEUSS Der Lockdown hatte auch die Stadtbibli­othek schwer getroffen. Sie war von Mitte März bis Ende April sechs Wochen lang geschlosse­n. Seit Samstag gibt es, zunächst befristet auf sechs Monate, erweiterte Öffnungsze­iten: Am Samstag ist die Bibliothek statt bis 14 Uhr bis 18 Uhr geöffnet. Und am Sonntag öffnete das „Medienpara­dies“erstmalig an einem Sonntag. Die Besucher, die kamen, wussten das zu schätzen. Ganz nebenbei kam auch heraus, dass die Nutzer eine sehr gute Meinung von „ihrer“Stadtbibli­othek haben – auch wenn viele von ihnen gar nicht in Neuss wohnen.

Das Besondere an dem Angebot: Bibliothek­smitarbeit­er sind während der erweiterte­n Öffnungsze­iten nicht vor Ort. Für einen geordneten Ablauf sorgen drei Security-kräfte. Büchereile­iterin Claudia Büchel war am Samstag ausnahmswe­ise

„Wir hoffen sehr, dass das Angebot auf Dauer bestehen bleibt“Peter Dudzik Stammkunde in der Stadtbibli­othek

bis zum Schluss vor Ort und schaute am Sonntag mal kurz rein. Mit dem, was sie gesehen hat, konnte sie zufrieden sein: Es war ein Kommen und Gehen.

Udo Keller aus Kaarst war einer der Ersten, die am Sonntag um 13 Uhr die Stadtbibli­othek betraten. Der 64 Jahre alte Kaarster bereitet sich langsam aber sicher auf seinen Ruhestand in anderthalb Jahren vor. Der Diplom-kaufmann wird seine „grauen Zellen“auch als Pensionär aktivieren. „Mich interessie­ren Fachbücher für Wirtschaft­swissensch­aften und Naturwisse­nschaften, das könnte zu einem Hobby werden“, erklärte der Telekom-mitarbeite­r. „Ich komme hier regelmäßig hin“, sagte der 64-Jährige.

Immer wieder hörte man das Piepen des Scanners am Eingangsbe­reich. Auf einem Schild stand „Desinfekti­on statt Infektion“, und die Security-kräfte achteten darauf, dass diese Vorsichtsm­aßnahmen auch angewandt wurden. Katrin Wehling kam aus Korschenbr­oich. „Es ist schön, hier einen Sonntagnac­hmittag verbringen zu können“, erklärte die 53-Jährige. Aber sie hatte auch gleich einen Verbesseru­ngsvorschl­ag parat: „Die Sonntagsze­itungen wie stehen leider nicht zur Verfügung.“Claudia Büchel hörte von der Kritik und gab folgendes zu verstehen: „Heute ist kein Service vor Ort, niemand, der die Zeitungen stempelt und tackert.“

Viele junge Familien nutzten das neue Angebot am Sonntag. Olga Cerepanov aus Derikum kam mit ihren Kindern Julia und Michael. „Ich finde es total super, dass jetzt auch sonntags geöffnet ist“, sagte die aus Kasachstan stammende Frau. „Das ist total entspannt hier“, fiel Tochter Julia auf. Und Sohn Michael hasst Shoppingto­uren samstags – aber in die Bibliothek kam er gerne mit. „Ich habe am Anfang Kinderbüch­er gelesen, um die deutsche Sprache zu lernen“, verriet Olga Cerepanov.

Familie Dudzik hat früher im Ortsteil Grefrath gewohnt. Der Umzug nach Aldenhoven war für sie kein Grund, nicht mehr zur Stadtbibli­othek im Herzen von Neuss zu kommen. „Wir sind Stammkunde­n hier“, erklärt Peter Dudzik. Seine Ehefrau Tanja hatte schnell Vorlese-lektüre für den dreijährig­en Bastian gefunden. Sie arbeitet als Altenpfleg­erin, er ist im Haus der Lebenshilf­e in Aldenhoven beschäftig­t. Das, was die Neusser Stadtbibil­othek zu bieten hat, verschafft ihnen einen willkommen­e Abwechslun­g und Entspannun­g vom Arbeitsall­tag. Dabei nutzten sie eine große Bandbreite der Angebote: „Hier gibt es tolle Spielfilme und auch die Musikecke ist sehr gut bestückt, sogar mit Jazz und Blues – hier besteht die Möglichkei­t, Wunschzett­el auszufülle­n. Wenn es das entspreche­nde Medium gibt, wird man per SMS benachrich­tigt“, lobt Peter Dudzik. Die Familie Dudzik liest viel und verreist gerne: „Hier gibt es auch sehr viele Reiseführe­r“, sagt der Familienva­ter, der ebenso wie seine Frau im Schichtdie­nst arbeitet. Die neuen, erweiterte­n Öffnungsze­iten kommen ihnen sehr gelegen. „Wir hoffen sehr, dass das Angebot auf Dauer bestehen bleibt“, gab Peter Dudzik zu verstehen.

Nicht alle wurden durch das große Medienange­bot angelockt: Im Leseraum saß eine junge Frau. Sie genoss die Ruhe zum Lesen, die sie zu Hause nicht hat. Claudia Büchel ist glücklich, dass der entspreche­nde Ratsbeschl­uss aus dem Jahr 2019 jetzt endlich hat umgesetzt werden können. „Wenn nicht Corona gewesen wäre, hätten wir schon viel früher samstags länger geöffnet.“

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NGZ-FOTOS (4): WOI Claudia Büchel, Leiterin der Stadtbibli­othek, ist vom Konzept überzeugt und freut sich über die positive Resonanz.
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Udo Keller aus Kaarst richtet sich ein Augenmerk auf Fachbücher aus den Bereichen Wirtschaft­s- und Naturwisse­nschaften.
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Olga Cerepanov kam mit ihren Kindern Michael und Julia in die Bibliothek und lobt das neue Sonntagsan­gebot.
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Die Korschenbr­oicherin Katrin Wehling sie vermisste die Sonntagsze­itungen, in denen sie gerne gelesen hätte.

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