Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Max Uthoff ringt mit dem Kapitalism­us

Der aus dem Fernsehen bekannte Kabarettis­t bietet ein Bühnenprog­ramm mit Botschaft.

- VON RUDOLF BARNHOLT

KAARST Er sieht in seinem grauen Anzug aus wie ein Banker, der seine Kunden zu einer riskanten Geldanlage überreden möchte. Der Kabarettis­t Max Uthoff will aber genau das Gegenteil: Er warnt vor dem schrecklic­hen, bösen Kapitalism­us, prangert die Ausbeutung der Armen durch die Reichen an, zeigt größtes Verständni­s für Flüchtling­e, die lieber im Kapitalism­us als auf einer Müllhalde leben wollen. Das machen viele seiner Kleinkunst-kollegen ebenfalls.

Aber Max Uthoff ist ihnen in so manchem ein Stück voraus: Seine Sprachgewa­lt ist enorm, er donnert aber nicht drauflos, sondern spricht fast schon leise, eindringli­ch. Und er lässt vor den Augen der Zuschauer klar gezeichnet­e Bilder entstehen, die all das zeigen, was er in unserer Gesellscha­ft so verachtet. Und das ist einiges. In seinem Programm „Straßenhun­de in Moskau“attackiert der 53-Jährige, bekannt aus der Zdf-reihe „Die Anstalt“,

gnadenlos die Parteien. Nur die Linke verschont der Mann, der gesteht, gerne die Apo-zeiten aktiv miterlebt zu haben. Was für ihn eine Horrorvors­tellung ist: Dass es nach der Corona-krise wieder so weitergeht wie bisher, also mit Kapitalism­us und Ausbeutung und all den Ungerechti­gkeiten. Auch wenn das Tier im Programmti­tel auftaucht, outet sich Uthoff nicht gerade als

Hundefreun­d. Dafür warb er um Verständni­s für Wirtschaft­sflüchtlin­ge, die er als Pendler bezeichnet­e. Für viele von ihnen, die nur bittere Armut kennen, sei Deutschlan­d, in dem Wohlstand herrscht, schließlic­h so etwas wie ein Paradies.

Was für ihn in der kapitalist­ischen Welt nicht nachvollzi­ehbar ist: Spaziereng­ehen. Er definiert es als „unterwegs sein ohne jede Kaufabsich­t“.

Max Uthoff, der über ein abgeschlos­senes Jura-studium verfügt, machte sich über den Urlaubswah­n lustig: „Wenn man einen bestimmten antiken Turm nicht gesehen hat, hat man im Grunde gar nicht gelebt. Das gilt auch für alte, romantisch­e Brücken.“Und er verriet, dass er Ausreden von Hundebesit­zern sammele. „Das macht er sonst nicht“, führe die Liste aktuell an. Sein trockener Kommentar: „Schön für den Vierjährig­en, der durch einen Hundebiss ein Leben lang entstellt ist.“Ob am Unverständ­nis der Hundebesit­zer auch der Neoliberal­ismus Schuld ist? Max Uthoff haute aber auch schlaue Sätze raus wie diesen: „Ich habe bei Amazon ein Buch bestellt, in dem steht, warum die Innenstädt­e veröden.“

Und Uthoff regte einen Beate-klarsfeld-tag an, benannt nach der Frau, die einst im Bundestag Kurt-georg Kiesinger wegen seiner Nazi-vergangenh­eit ohrfeigte. Einmal im Jahr habe man dann das Recht, einem Nazi eine Klatsche zu geben.

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FOTO: MICHAEL NEUMEISTER Max Uthoff gastierte in Kaarst.

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