Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Es wäre ein großer Schritt für die Kirche
Franziskus stellt sich mit seiner Anerkennung homosexueller Partnerschaften gegen das katholische Lehramt und riskiert einen Konflikt mit dem konservativen Lager.
Sprecher der katholischen Schwulenund Lesben-bewegung „Cammini di Speranza“(„Wege der Hoffnung“), hatte dem Papst zuvor einen Brief geschrieben. Franziskus hat in der Vergangenheit immer wieder mit Gesten und Aussagen zu Homosexualität Aufmerksamkeit erregt. 2015 empfing er den Transsexuellen Diego Neria Lejarra in einer Privataudienz. Zwei Jahre zuvor hatte er gesagt: „Wenn eine Person homosexuell ist, Gott sucht und guten Willen hat, wer bin ich, über sie zu urteilen?“Der Katechismus stelle klar, dass diese Personen nicht ausgegrenzt werden dürften.
Die Passage über die Legalisierung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften ist von Bedeutung, da sich erstmals ein Papst ausdrücklich für diese Lebensform und ihre rechtliche Anerkennung ausspricht. Vor seiner Wahl zum Papst hatte sich Jorge Bergoglio als Erzbischof von Buenos Aires 2010 für ein Lebenspartnerschaftsgesetz eingesetzt, nicht aber für eine Ehe. Diese sei Frau und Mann vorbehalten.
In der letzten Stellungnahme des Vatikans war der Tenor noch ein anderer: In dem 2003 vom damaligen Präfekten für die Glaubenskongregation Joseph Ratzinger, dem späteren Papst Benedikt XVI., unterzeichneten Schreiben wird der „unsittliche Charakter dieser Art von Lebensgemeinschaften“betont. Entsprechende Gesetzgebungen „widersprechen der rechten Vernunft“, heißt es. Das „Verständnis der Menschen für einige sittliche Grundwerte“würde „verdunkelt und die eheliche Institution entwertet“. Es gebe gute Gründe zur Annahme, „dass diese Lebensgemeinschaften für die gesunde Entwicklung der menschlichen Gesellschaft schädlich sind“. Christliche Politiker seien zu „Widerspruch“und „Widerstand“gegen entsprechende Initiativen verpflichtet.
Diese Position ist bei konservativen Kirchenmännern nach wie vor keine Seltenheit. Bei seinen Kritikern stieß die Aussage von Papst Franziskus auf Unmut. „Das Statement des Papstes steht der seit Langem bestehenden kirchlichen Lehre über gleichgeschlechtliche Partnerschaften entgegen“, sagte Thomas Tobin, Bischof von Providence aus dem Us-staat Rhode Island. Dennoch legalisieren inzwischen auch traditionell katholische Länder wie Italien, Irland oder Argentinien gleichgeschlechtliche Partnerschaften. In Deutschland gab es von 2001 bis 2017 ein Lebenspartnerschaftsgesetz, seit 2017 können gleichgeschlechtliche Partner auch die Ehe eingehen. Besondere Resonanz könnten die Worte des Papstes auf der südlichen Halbkugel haben. Dort werden die Rechte Homosexueller meist nicht anerkannt.
„Eine homosexuelle Person hat das Recht auf eine Familie“Papst Franziskus