Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Zwischen Umbruch und Stillstand

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er dachte, nach der Kommunalwa­hl sei klar, wer Siewger

und Verlierer ist, wurde in dieser Woche eines Besseren belehrt. In Neuss feierte die SPD nach der Wiederwahl von Bürgermeis­ter Reiner Breuer einen weiteren – historisch­en – Triumph. Mit den Grünen und der UWG schickt sie die CDU in die Opposition, zum ersten Mal seit Bestehen der Bundesrepu­blik. Für die CDU, die damit gerechnet hatte, die bisherige schwarz-grüne Koalition fortzusetz­en, ist das nach dem Scheitern bei der Bürgermeis­terwahl und den Verlusten bei der Ratswahl ein neuer Tiefschlag. Hat die CDU jetzt nicht Kraft und Willen zu einer schonungsl­osen Wahlanalys­e mit den entspreche­nden Konsequenz­en, läuft sie Gefahr, endgültig vom Abwärtsstr­udel mitgerisse­n zu werden, Bundestags­wahl inklusive. Denn die SPD, von vielen schon totgesagt, baut von der Basis her auf, ganz offensicht­lich mit Erfolg – und unbeeindru­ckt von schwarz-grünen Umfragetre­nds. Zumindest herrschen in Neuss klare Verhältnis­se und es wird sich etwas bewegen in der Stadt, denn der Bürgermeis­ter muss im Rat nicht länger mit Blockaden rechnen. Mobilität und Klimaschut­z hat Rot-grün schon als Handlungsf­elder benannt, die UWG spekuliert auf eine Mehrzweckh­alle, auch bei der Landesgart­enschau dürfte es voran gehen. Bei Wohnungsba­u und Gewerbegeb­ieten hingegen stehen zumindest die Grünen auf der Bremse. Das könnte die Entwicklun­g der Stadt behindern. Aber immerhin sind die Verhältnis­se ziemlich klar. Anders im Kreistag: Die Koalition ohne Mehrheit, die CDU, FDP, UWG/FW, Zentrum angekündig­t haben, birgt nicht nur das Risiko, dass die AFD zum Zünglein an der Waage wird, sie ist auch Ausdruck zweifelhaf­ten Umgangs mit der von den Wählern an die Abgeordnet­en übertragen­en Verantwort­ung. Nicht nur die vier Koalitions­partner, sondern auch SPD und Grüne müssen sich fragen lassen, ob es irgendwann mal gut ist mit parteitakt­ischen Manövern: Hier das Bemühen, die SPD und ihren neuen Fraktionsc­hef Andreas Behncke, der einem Cdu-nachfolgek­andidaten für Hans-jürgen Petrauschk­e bei der nächsten Landratswa­hl gefährlich werden könnte, klein zu halten, dort das Beharren auf einer Ampelkoali­tion als Alternativ­e zu einer Mehrheit mit der CDU. Im Ergebnis steht der Kreistag vor fünf Jahren Dauerdisku­ssion. Wichtige Entscheidu­ngen zur Gestaltung des Strukturwa­ndels drohen auf der Strecke zu bleiben. Im Sport würde man sagen: Fehlstart, zurück auf Anfang. Das Wahlergebn­is im Kreis bietet Optionen für handlungsf­ähige Koalitione­n und Kooperatio­nen. Die Wähler dürfen erwarten, dass diese Optionen sehr ernsthaft und mit Blick auf die Verantwort­ung für den Rheinkreis und seine Menschen auch geprüft werden. Frank Kirschstei­n

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