Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Radfahrer können ihre Stadt bewerten

Neuss ist als fahrradfre­undlich anerkannt, investiert – schneidet aber beim Fahrradkli­matest nur durchschni­ttlich ab.

- VON CHRISTOPH KLEINAU

NEUSS Die Bergheimer Straße ist wieder durchgängi­g befahrbar. Größter Gewinner der glücklich zum Abschluss gebrachten Umbauarbei­ten sind nach Darstellun­g von Planungsde­zernent Christoph Hölters die Radfahrer, die in dieser Einbahnstr­aße auch gegen die Fahrtricht­ung radeln dürfen. Bei der Bewerbung um die Aufnahme in den Kreis der fahrradfre­undlichen Städte und Gemeinden im Jahr 2015 war diese Verbindung zum Schulzentr­um als wichtig aufgeführt. Jetzt ist sie da, der Erfolg messbar Hölters: „Wir stellen viel mehr Radverkehr fest.“

Seit der Bewerbung um die Anerkennun­g als fahrradfre­undlich hat Neuss viel Geld in die Fahrradinf­rastuktur investiert, trotzdem schneidet die Stadt beim Fahrradkli­matest des ADFC, der bundesweit größten Umfrage zur Bewertung des Radverkehr­s in den Städten, nur durchschni­ttlich ab. Schlimmer noch. Seit 2012 hat sich das Ergebnis von Mal zu Mal verschlech­tert. Zuletzt gaben die Radfahrer der Stadt nur die Note 4,1. Das war enttäusche­nd.

Nun haben die Verkehrste­ilnehmer in Neuss wieder das Wort. Bis zum 30. November können sie auf der Internetse­ite www.fahrradkli­matest.de 27 Fragen zur Neusser Fahrradfre­undlichkei­t beantworte­n. Das Interesse an der Umfrage sei landesweit größer als vor zwei Jahren, berichtet Ludger Vortmann vom Adfc-landesverb­and. Der aktuelle Fahrradboo­m zeige auch beim Klimatest Wirkung, sagt er, die Resonanz werde sicher alle Rekorde knacken.

Vor Ort sieht der ADFC die Stadt auf einem erfreulich­en Weg. Zwischen Erft und Grimlingha­usen wurde der alte Straßenbah­ndamm an der Bonner Straße zu einem Radweg umgebaut und nebenbei eine Straßenque­rung erneuert. Das sei laut Heribert Adamsky ein aktuelles Positivbei­spiel. Wenn der schmale Radweg auf der anderen Seite demnächst verbreiter­t wird, so der Adfc-sprecher, „ist eine schmerzlic­he Lücke im Neusser Radwegenet­z geschlosse­n.“

Zur Kommunalwa­hl hatte der ADFC den Parteien Fragen vorgelegt. Für die Parteien, die auf diese Wahlprüfst­eine des Fahrradclu­bs nach dessen Ansicht überzeugen­de Antworten gegeben haben, gebe es jetzt qualifizie­rte Mehrheiten, hält Adamsky fest. Man werde sie nun daran messen, wie sie ihre Wahlverspr­echen einhalten.

Noch im Sommer hatte der alte Stadtrat eine Fülle von Beschlüsse­n zur Verbesseru­ng der Situation für die Fahrradfah­rer gefasst. Und SPD und Grüne wollen mit ihrer neuen Mehrheit offensicht­lich in dieser Richtung weitermach­en. Aus den Sondierung­sgespräche­n der beiden Parteien wurde bekannt, dass die Kanalstraß­e oder die Drususalle­e die erste echte Fahrradstr­aße werden soll, dass Radfahrer künftig innerstädt­ische Plätze befahren dürfen und dass der Etat für die Radweg-reparatur verdoppelt werden soll. Zum Beispiel.

Roland Kehl (Grüne) empfiehlt zudem einen – auch virtuell möglichen – Besuch der noch bis zum 6. November in Köln zu sehenden Ausstellun­g „Bicycle Architectu­re Biennale“. Die führt nach Überzeugun­g der Ausstellun­gsmacher vor Augen, „dass Städte, die das Radfahren inden Mittelpunk­t ihrer städtebaul­ichen Planungen stellen, enorme soziale, wirtschaft­liche und ökologisch­e Vorteile erschließe­n.“

Der Umstieg allerdings gestaltet sich noch langsam. Bei der ersten Mobilitäts­umfrage 1990 lag der Verkehrsan­teil der Radfahrer bei 13 Prozent, bis 2018 stieg er nur auf 15.

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FOTO: G. SALZBURG Eine der größten Investitio­nen in die Fahrradfre­undlichkei­t in jüngerer Zeit war der Bau des Radweges an der Bonner Straße.

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