Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
„Verstehen Sie Spaß?“in Kaarst gedreht
15 versteckte Kameras wurden an der Büdericher Straße aufgebaut. Das Opfer: Volkwin Rheydt aus Viersen.
KAARST Verstehen Sie Spaß? Wer jetzt spontan an die beliebte Samstagabendshow im Ersten denkt, liegt genau richtig. Lockvögel bringen Mitmenschen, gelegentlich auch Prominente, in unerwartete Lagen und werden dabei mit versteckten Kameras gefilmt. Oft wird das Spiel dabei zu einer unendlichen Tortur. Das erlebte jetzt auch der Viersener Volkwin Rheydt (71), wie in der kommenden Sendung „Verstehen Sie Spaß?“zum Vergnügen von Millionen Zuschauern, auch in Österreich und der Schweiz, zu sehen ist.
Alle Szenen wurden in Kaarst mit bis zu 15 versteckten Kameras aufgenommen. Volkwin Rheydt ist eigentlich ein Ur-neusser, er wurde im Schatten der evangelischen Christuskirche geboren und lebte bis zu seinem Umzug nach Viersen vor sechs Jahren am Neusser Sporthafen. Seine Tochter Katharina wohnt mit ihren Söhnen Tim (13) und Tom (10) in Kaarst an der Büdericher Straße. Alle drei sollten zusammen mit Volkwins Freundin Irene noch eine besondere Rolle als Lockvögel spielen.
Weil die beiden Jungs von ihrem Opa oft an der Nase herumgeführt werden, sannen sie schon lange über eine Retourkutsche nach. Die zündende Idee hatten sie bei einem Besuch des Werksverkaufs bei „Griesson – de Beukelaer“in Kempen. Mit ihrer Mutter besprachen sie diese Idee, ein Konzept für „Verstehen Sie Spaß?“wurde entwickelt – und vom Süddeutschen Rundfunk postwendend angenommen. Sechs Monate später nahm die Geschichte wie von selbst ihren Lauf: Bei einem Besuch in Kaarst lockten Tim und Tom ihren Großvater zu einem Supermarkt am St.-eustachius-platz. Dort war – Oh Wunder! – ein Stand des bereits erwähnten Gebäckherstellers aufgebaut. Seit zwei Jahren ist bekannt, dass die Produktion der Prinzenrolle nach 65 Jahren in Kempen geschlossen wird. Der berühmte Doppeldecker „le petit prince fourré“des Antwerpener Bäckermeisters Edouard de Beukelaer wird ab dem nächsten
Jahr im thüringischen Kahla produziert. Der Supermarkt-stand warb: „Mit Ihrer Unterschrift können Sie den Werksverkauf in Kempen erhalten“. Da brauchte Volkwin Rheydt nicht zweimal überlegen und trug sich sofort in die Listen ein.
Zwei Wochen später war er wiederum zu Besuch bei seiner Tochter in Kaarst. Auf sein Klingeln öffnete niemand, stattdessen kam ein Lkw vorgefahren, die Fahrer begannen, drei Paletten Kekse abzuladen. Auf seine Frage „Was geschieht hier?“antworteten die Fahrer: „Die haben Sie bestellt, sogar mit Unterschrift, dass Sie den Werksverkauf unterstützen wollen.“Dann ging alles Schlag auf Schlag: Kinder begannen, die Folien aufzuschnibbeln, um an die Kekse zu gelangen. Sein Protest „Das sind nicht meine Kekse!“verhallte, eine Abordnung der Neusser Tafel tauchte auf „Wir haben gehört,
Sie haben zu viele Kekse“. Schließlich kam das Ordnungsamt: „Lebensmittel im öffentlichen Raum zu lagern, ist verboten. Zudem muss Schokolade gekühlt werden.“Während Volkwin Rheydt mit dem Abladen begann und noch überlegte, wie er kühlen könne, kam der Lkw zurück: „Das handelt sich hier um eine Fehllieferung. Sie erhalten nicht drei Paletten, sondern 30!“Im Schockzustand erinnerte sich der Gefoppte an seine Devise „Man muss über alles reden können!“und verlangte die Nummer des Chefs. Dass ihm die des Regisseurs ausgehändigt wurde, realisierte er genau so wenig wie die Kameras in Nachbars Garage. Als sich der Spuk aufklärte, beschwichtigte er das schlechte Gewissen seiner Tochter: „Wer austeilen kann, muss auch einstecken können, besonders wenn es derart professionell inszeniert ist.“Ob Rheydt am nächsten Wochenende die bereits vom Sender zugeschickten Flugtickets nach München nutzen wird, weiß er wegen der steigenden Coronazahlen noch nicht.