Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Heinrich-heine-forscher: 90 Jahre, aber kein Ruhestand
Professor Manfred Windfuhr, seit 1992 in Kaarst lebend, vollendet heute sein 90. Lebensjahr. Noch immer beschäftigt er sich mit dem Dichter.
KAARST Er ist der Heine-kenner schlechthin und als Germanistik-professor der Universität Düsseldorf verantwortlich für die historisch-kritische Ausgabe über den berühmten Dichter: Professor Manfred Windfuhr, seit 1992 in Kaarst lebend, vollendet am 24. Oktober sein 90. Lebensjahr. Geboren wurde er in Lennep als zweites von vier Geschwistern. „Ich wäre lieber der Älteste gewesen“, gibt er freimütig zu und muss dann über seine frühe Einschätzung lachen. Durch die Arbeit seines Vaters in einer Wuppertaler
Tuchfabrik zog die Familie nach Radevormwald. Nach dem Abitur in Wuppertal studierte Windfuhr Germanistik, Philosophie, Geschichte und Kunstgeschichte in Köln, Heidelberg und Marburg. Dort legte er 1955 seine Dissertation vor. Nach wissenschaftlicher Tätigkeit habilitierte sich Windfuhr im Winter 1966/67 an der Universität Heidelberg und lehrte zwei Jahre als ordentlicher Professor für Neuere Germanistik in Bonn. 1969 erreichte ihn der Ruf an die 1965 gegründete Universität Düsseldorf, an der er bis zu seiner Emeritierung 1992 lehrte und forschte. Anschließend zog er nach Kaarst, da er ein Leben im Grünen bevorzugte und fand in der Badeniasiedlung ein neues Zuhause.
Den Umzug habe er nie bereut und sich in Kaarst immer wohlgefühlt, betont Windfuhr. Seine Frau starb vor zehn Jahren, die drei Kinder leben in Kalifornien, Hamburg und Dortmund. Auch vier Enkel gehören zur Familie. Dass Manfred Windfuhr sich so intensiv mit Heinrich Heine befasste, ist dem Verlag Hoffmann und Campe zu „verdanken“. Er suchte Anfang der 70er Jahre einen Herausgeber für eine umfassende historisch-kritische
Heine-ausgabe. Pläne dazu reichen bis in das „Heine-jahr“1956 zurück, dem 100. Todesjahr des Dichters. Politische Wirren verhinderten eine Realisierung. Nach der Zusage Windfuhrs stand ihr nichts mehr im Wege.
Fortan beschäftigte sich der Literaturwissenschaftler intensiv mit dem Düsseldorfer Dichter: „Einer der interessantesten deutschen Schriftsteller“, meint Windfuhr. Zwischen 1973 und 1997 zeichnete er für die 16 Bände der Heine-edition verantwortlich. Doch Windfuhr interessiert sich bis heute für Heinrich Heine und lobt dessen Lyrik und Prosa: Heine spiele sowohl im schulischen Kanon als auch als private Lektüre immer noch eine Rolle. Zur Ruhe gesetzt hat sich Windfuhr
bislang nicht: 2018 erschien sein jüngstes, 800 Seiten starkes Werk mit dem Titel „Zukunftsvisionen – Von christlichen, grünen und sozialistischen Apokalypsen“. Es beschäftigt sich mit Utopien und Dystopien deutschsprachiger Literatur von 1939 bis 1989. Er freut sich über eine gute Resonanz: „Es ist wichtig, wenn man noch etwas machen kann.“Aber er ahnt auch, dass es sein vermutlich letztes großes Buch ist. Was ihm wichtig ist: Den Namen „Heinrich-heine-universität“habe er zwar „sehr energisch mit angeleiert“, aber letztendlich besitze der 1988 verliehene Name viele Väter.