Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Brieffreundschaften halfen Senioren in Corona-isolation
Schüler des Pascal-gymnasiums sendeten stapelweise Post in das „Haus St. Martinus“in Wevelinghoven.
WEVELINGHOVEN (wilp) Siegrid Dürselen erinnert sich gut an den ersten Brief, den sie von Schülerin Vivienne Heister bekommen hat. „Ich war direkt begeistert“, sagt die 81-Jährige, die seit rund zwei Jahren in der Senioreneinrichtung „Haus St. Martinus“lebt. Wegen der Pandemie blieben sie und die anderen Bewohner wochenlang von der Außenwelt isoliert. Briefe, Bilder, Karten und selbst gebackene Kuchen von vielen Grevenbroichern halfen, die schwierige Phase zu überstehen.
Einen ganzen Stapel hat Siegrid Dürselen inzwischen gesammelt, sie bewahrt die Briefe sorgsam wie einen kleinen Schatz in der Schublade in ihrem Zimmer auf. In ihrer Post schreibt Vivienne über Alltägliches. Darüber, dass sie ihren 16. Geburtstag im April wegen Corona nicht richtig feiern oder dass sie eine Zeit lang kein Handball spielen konnte. Und obwohl sich beide nicht kannten, entstand gleich eine innige Brieffreundschaft, die bis heute andauert. „Ich gehe jeden Tag zu unserer Poststation, um zu schauen, ob Vivienne mir wieder geschrieben hat“, sagt die Seniorin.
Seit einem Jahr engagiert sich die Schülerin des Pascal-gymnasiums in der AG „Begegnung der Generationen“. Ideengeber der Kooperation ist Dirk Jansen, Leiter des sozialen Dienstes im „Haus St. Martinus“. 15 Schüler besuchen regelmäßig die Senioreneinrichtung und unternehmen viel mit den Bewohnern des Hauses. Das alles ist durch Corona zeitweise unmöglich geworden.
Bundesweit wurden Besuchsverbote ausgesprochen, um ältere Menschen, die zur Risikogruppe zählen, vor dem Virus zu schützen. Gleich in der Anfangsphase sammelten die Schüler gemeinsam mit Lehrerin Simone Lüderitz Ideen, um den 80 Senioren in dieser schwierigen Zeit etwas Trost zu spenden. „Uns erreichte eine Welle der Hilfsbereitschaft“, freut sich Einrichtungsleiterin Nadja Pienkowski. Mit den vielen Aufmerksamkeiten aus der ganzen Bevölkerung hätten die Mitarbeiter eine „Wand der Zuversicht“aufbauen können, die bei den Senioren sehr beliebt war. „Das hat uns durch eine schwere Zeit getragen“, sagt Pienkowski.
Inzwischen sind Besuche unter Einhaltung von Abstands- und Hygieneregeln wieder zugelassen. Auch die Brieffreundinnen Vivienne Heister und Siegrid Dürselen haben sich erstmals persönlich kennengelernt. „Es war, als würden wir uns schon ewig kennen. Wir kamen aus dem Erzählen gar nicht raus“, sagt die Schülerin, die weiterhin einmal in der Woche einen Brief schreibt.