Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Silbersee-vereinbarung auf der Kippe
Vor sieben Jahren haben Dormagen und Neuss eine Rahmenvereinbarung zur Entwicklung des Silbersee-areals geschlossen. Die neue rot-grüne Koalition in Neuss will jedoch kein Gewerbe auf der „eigenen“Fläche.
DORMAGEN Die Nachricht ist so neu und unerwartet, dass sie die politisch Handelnden in Dormagen völlig unvorbereitet trifft: Die Stadt Neuss wird sich aus der mit Dormagen getroffenen Vereinbarung zur gemeinsamen Entwicklung des Silbersee-areals zurückziehen. Das ist zwar keine offizielle Aufkündigung durch die Stadt, aber offenbar eine politische Vereinbarung zwischen der SPD und den Grünen in Neuss. Letztere wollen nicht, dass die Stadt den Teil am Silbersee für Gewerbeansiedlung entwickelt.
Die Neusser Grünen hatten am Donnerstag erklärt, davon Abstand zu nehmen, ebenso von Arealen für Wohnbebauung. Darüber gebe es offenbar Einvernehmen mit der SPD. Beide wollen zusammen mit der UWG eine absolute Ratsmehrheit stellen. „Ich bin völlig überrascht“, sagt Michael Dries, Fraktionsvorsitzender der Dormagener SPD. „Aber es ändert nichts an der aktuellen Situation für uns. Wir warten dann auch mal ab, ob und was von der Stadt Neuss nach Dormagen kommt.“Der planungspolitische Sprecher der CDU, Karl-heinz Heinen, spricht von einer „spannenden“Entwicklung. Vor allem, „weil die Silbersee-entwicklung nahezu einmütig positiv gesehen wird. Für uns ist klar, dass wir das Projekt positiv sehen und verwirklichen wollen“.
Was sagen die Dormagener Grünen? „Unser Standpunkt zum Silbersee ist der selbe wie vor der Kommunalwahl: Wir warten auf das Umweltgutachten für dieses Gebiet“, sagt Fraktionsvorsitzender Tim Wallraff, „es gibt dazu leider noch nichts.“Dieses Gutachten hat für die Grünen einen „sehr, sehr hohen Stellenwert“. Heißt: Fällt das Gutachten kritisch aus, werden die Karten am Silbersee neu gemischt.
Vor siebeneinhalb Jahren war es ein „denkwürdiges Ereignis“, wie es der damalige Bürgermeister Peter-olaf Hoffmann ausdrückte, als er mit seinem Amtskollegen aus Neuss, Herbert Napp (beide CDU), vor Ort eine „Rahmenvereinbarung für die Entwicklung eines interkommunalen Gewerbe- und Industriegebietes am Silbersee“unterzeichnete. Napp sagte: „Es ist das erste Mal, dass unsere Städte in dieser Form zusammenarbeiten.“Er war damals davon überzeugt, dass der „Bedarf an weiteren Gewerbeflächen sowohl in Neuss als auch in Dormagen enorm ist“. Davon ist heute keine Rede mehr – im Gegenteil.
Offenbar ist der Neusser Anteil der Fläche zu klein, zudem dürfte die grüne Philosophie in den Koalitionsverhandlungen in der größten Kreisstadt durchgeschlagen haben, wonach es weniger Flächenverbrauch geben soll.
Dabei hatten Dormagen und Neuss sogar den „Ritterschlag“der IHK Mittlerer Niederrhein für den gemeinsamen Gewerbe-pakt erhalten, die „Kommunalgrenzen überschreitende Gewerbegebiete für sinnvoll und den Standort im Bereich des Silbersee-geländes für hervorragend geeignet“hält. Es sah auch deshalb alles so positiv aus, weil RWE Power als ein wichtiger Grundstücksinhaber mitspielte und sich an der Wiederbelebung des rund 100 Hektar großes Areals beteiligen wollte.
In beiden (roten) Rathäusern wird die Situation herunter gespielt. „Uns gehören lediglich zehn Prozent der Fläche“, sagt der Neusser Stadtsprecher Peter Fischer, „daran wird der Regionalplan nicht scheitern.“Die wenigen Hektar mit möglicher Gewerbeund Industriefläche würden im Gesamt-flächengefüge der Stadt keine wesentliche Rolle spielen. Am Ortsausgang, kurz hinter der Brücke auf der B9, liegt rechts ein Teil des Silbersee-areals auf Neusser Stadtgebiet, hinter dem See der ungleich größere auf Dormagener Territorium.
Der Erste Beigeordnete von Dormagen, Robert Krumbein, spielt ebenso auf den geringen Neusser Anteil an und betont: „Wir können unseren Teil unabhängig von Neuss entwickeln, und so planen wir ohnehin.“Die Vorplanungen seien dementsprechend auch viel weiter gediehen als in der Nachbarstadt. Aber: Es kommt natürlich auf die Verwirklichung der A57-anschlussstelle bei Delrath an.“Das Silbersee-areal ist in Dormagen längst Teil des Flächennutzungsplans, der in neuer Version im kommenden Jahr verabschiedet werden soll.